Sport im Würgegriff Irans – Wie das Regime auch Sportler:innen in Deutschland bedroht COSMO Video 13.10.2023 50:37 Min. Verfügbar bis 13.10.2025 COSMO

Sport im Würgegriff Irans – Wie das Regime auch Sportler:innen in Deutschland bedroht

Stand: 13.10.2023, 00:01 Uhr

Wie sehr stehen Sportler:innen in Iran unter Druck? Wie geht es damit weiter, auch wenn sie jetzt in Deutschland leben? Wie solidarisieren sie sich mit der Frau-Leben-Freiheit-Bewegung? Host Shanli Anwar spricht mit dem Kanu-Olympioniken Saeid Fazloula und der ehemaligen Profi-Wassersportlerin Reyhaneh Amro.

Als die iranische Kletterin Elnaz Rekabi im Oktober 2022 bei einem internationalen Wettbewerb in Südkorea ohne Kopftuch antritt, macht sie weltweit auf die Frau-Leben-Freiheit-Bewegung aufmerksam. "Profi-Sportler:innen können auch ein Vorbild für alle anderen sein, sie können damit die Bewegung auch weiterführen", sagt die ehemalige Schwimmerin und Kanutin Reyhaneh Amro, die seit acht Jahren in Deutschland lebt. Sie wünscht sich mehr solcher Solidaritäts-Aktionen, auch wenn sie aus eigener Erfahrung weiß, dass der Druck auf die iranischen Athlet:innen groß ist. 

Das hat auch Kanute Saeid Fazloula erlebt. Er hat sich lange für die faire Bezahlung von Athlet:innen in Iran eingesetzt. Bei der Kanurennsport-Weltmeisterschaft in Mailand 2015 wird Fazloula der touristische Besuch des Mailänder Doms von iranischen Sicherheitsmitarbeitern als Konvertieren zum Christentum interpretiert. Zurück in Iran wird er verhaftet und verhört. "Im Iran machen sie definitiv psychischen Terror. Du sitzt da, deine Augen sind zu, deine Hände sind geschlossen. Sie sagen, entweder spielst du mit, oder du bist tot", erzählt Saeid Fazloula im Videopodcast "Iran im Herzen". Er ist danach nach Deutschland geflohen, aber auch hier wird er mit Anrufen und über Social Media unter Druck gesetzt, wenn er regimekritische Videos auf Instagram hochlädt. 

So geht es auch Reyhaneh Amro. Seit Beginn der Frau-Leben-Freiheit-Bewegung ist sie mehr zur Aktivistin geworden und organisiert Demonstrationen. Sie macht weiter, auch wenn ihre Familie in Iran Drohanrufe bekommt und sie selbst Opfer einer Cyberattacke geworden ist, von der laut Verfassungsschutz mehrere Zielpersonen in der iranischen Community in Deutschland betroffen sind. Dennoch wollen beide, Amro und Fazloula, sich weiter für die revolutionäre Bewegung in Iran einsetzen. Sie hoffen auch auf mehr Solidarität aus der internationalen Sportwelt.

Die beiden blicken auch zurück auf ihre Profikarrieren in Iran. Athletinnen sind allein durch die Kleidervorschriften des Regimes sehr eingeschränkt. Insgesamt wird die Sportszene durch die Politik kontrolliert. Die zwei größten Fußballvereine Persepolis und Esteghlal Teheran sind im Besitz des iranischen Sport-Ministeriums – das ist so, als wären Bayern München und Borussia Dortmund staatlich. Dementsprechend werden nicht nur im Fußball wichtige Posten in iranischen Sportverbänden oft an Regime-Politiker vergeben. "Du musst einfach Connections haben, nicht nur mit dem Sport-Ministerium, sondern überall", erklärt Kanute Saeid Fazloula.

Sport im Würgegriff Irans - mit Saeid Fazloula & Reyhaneh Amro COSMO Iran im Herzen 13.10.2023 50:37 Min. Verfügbar bis 25.09.2034 COSMO Von Soufiani Parniean

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Reyhaneh Amro galt früh als großes Talent im iranischen Wassersport. Ihre sportliche Karriere begann sie zunächst als Schwimmerin, wechselte dann zum Kanusport und letztlich aufgrund politischer Probleme zum Kanuwasserpolo. Heute lebt die ehemalige Nationalmannschafts-Athletin in Deutschland, arbeitet als Lehrerin und organisiert gemeinsam mit weiteren Aktivist:innen Demonstrationen und Protestaktionen gegen das iranische Regime. Der iranische Verband ließ sämtliche Angaben über Amros Teilnahmen an Wettkämpfen und sportlichen Rekorde aus dem Internet entfernen. Reyhaneh Amro wurde zudem vor kurzem Opfer staatlicher Cyberattacken.

Saeid Fazloula ist ein iranischer Kanute und Olympiateilnehmer im Refugee Olympic Team. In Iran einst hochgelobt, forderte er gerechte Entlohnung iranischer Athlet:innen und wurde daraufhin bedroht, verhaftet und verhört. Weil die Repressalien seitens der Regierung immer weiter zunahmen, verließ Saeid schließlich Iran und kam nach Deutschland. Seitdem ist er Mitglied der deutschen Kanu-Nationalmannschaft und Olympionike. Er engagiert sich weiterhin für iranische Sportler:innen und hofft auf einen Regimesturz in Iran. Demnächst erscheint eine von Angelina Jolie produzierte Dokumentation mit Saeid und einigen weiteren geflüchteten Olympiateilnehmer:innen.