Verletztes Kämpferherz

Genesis Owusu: "Struggler"

Stand: 30.08.2023, 16:55 Uhr

Australiens musikalisches Wunderkind Genesis Owusu hat sein zweites Album "Struggler" rausgebracht. Genrefluider Sound eines musikalischen Eigenbrötlers, der Traumata und den Kampf gegen Depressionen thematisiert.

Von Vincent Lindig

Genesis Owusu, bürgerlich Kofi Owusu-Ansah, wurde 1998 in Ghana geboren. Noch als er ein kleines Kind ist, zog seine Familie mit ihm nach Australien. Dort war er in der Schule erst einmal "the weird black kid", wie er sagt, also das merkwürdige Schwarze Kind. Die Traumata, die er damals im weiß-dominierten Australien erfährt, begleiten ihn bis heute und prägen sein musikalisches Werk. Denn Genesis Owusu probierte in dieser Zeit Vieles aus, um herauszufinden, wer er wirklich ist. Ein Weg, der sich in seinem genrefluiden Sound bis heute widerspiegelt. Selbsterfahrung, Traumata und Kampf gegen Depressionen sind zentrale Themen in seiner Musik – aber auch die verheerenden Buschbrände in Australien vor dreieinhalb Jahren, die weltweit in den Nachrichten waren, fließen bei ihm ein. Auf Fotos und in Musikvideos zeigt er sich oft mit Bandagen oder Masken verhüllt, die laut seiner Aussage für Verletzungen und Wunden stehen, die nicht durch oberflächliche Maßnahmen geheilt werden können.

Familienangelegenheit

Genesis' großer Bruder ist der Rapper Citizen Kay, der es in Australien zu einiger Bekanntheit gebracht hat. Er lädt Genesis 2015 auf seinen Song "Family Ties" ein – und setzt damit den Startschuss für Genesis' eigene Karriere. Als Ansah Brothers releasen die beiden gemeinsam Musik, während Genesis immer mehr zu seinem eigenen Sound findet. Sein Debütalbum "Smiling with no Teeth" von 2021 wird gleich viermal mit dem ARIA ausgezeichnet, dem wichtigstem Musikpreis Australiens – unter anderem als bestes Album. Die Musikkritik ist begeistert, Genesis etabliert sich durch selbst entworfene Outfits, vielschichtige Videos und Visuals als interessantester Avantgarde-Rapper des Landes und erspielt sich eine große Fangemeinde.

HipHop Beats und Indie-Gitarren

Genesis Owusu macht seine ersten Schritte als Musiker an der Seite seines rappenden Bruders – HipHop ist daher fest in seiner musikalischen DNA verankert. Aber er gießt auch noch einen ordentlichen Schluck Indie-Sounds dazu: Die typisch verzerrten Gitarren und stampfende Drums, auf manchen Songs hört man auch Hardcore raus. Dazu Einflüsse aus Funk und Soul. Genesis Owusu produziert die meisten seiner Songs selbst mit, macht kaum Features mit anderen Artists. Er ist ein musikalischer Eigenbrötler, der seinen ganz eigenen Sound gefunden hat – und er kann auch ganz sanft, wie er auf der soulig-reduzierten Nummer "See Ya There" vom neuen Album zeigt. Mit Songs wie dem treibenden, roh performten "Stay Blessed" wird die Bandbreite deutlich, die Genesis Owusu ausmacht.

What comes will come

Im Vergleich zum Vorgänger klingt "Struggler" eine Note düsterer, melancholischer und introvertierter. Die tanzbaren Funk- und Discosounds, die "Smiling With No Teeth" getragen haben, fehlen – stattdessen hören wir düstere Gitarrenriffs, drohende Arpeggio-Loops und Genesis' verzerrte Stimme. Dabei klingt er aber auch kämpferisch und selbstbewusst. Wie jemand, der sich vieler Probleme bewusst ist, überlegt und entschlossen loslegt, sie zu bekämpfen. Sein neues Album "Struggler" feiert den Überlebenswillen von Genesis Owusu selbst – und den der gesamten Menschheit im Angesicht vieler Probleme und Herausforderungen.