Global Pop News 01.07.2024

Nigeria triumphiert in Glastonbury

Stand: 01.07.2024, 11:25 Uhr

Neben Tems und Ayra Star kam auch Femi Kuti auf die Bühne | Global Pop-Artists spiegeln die angespannte Weltlage auf dem Glastonbury-Festival wider | Killer Mike rappt in neuem Song über Grammy-Festnahme | Unsere News aus der Welt des Global Pop

Von Lukasz Tomaszewski & Anna Kravcikova

Nach fast einer Woche geht heute das größte Musikfestival in UK zu Ende. Auch dieses Jahr kamen wieder über 200 Tausend Menschen zum Glastonbury: Noch nie waren so viele afrikanische Artists beim Glastonbury.

Vor allem die nigerianische Community durfte sich freuen: Die beiden Afrobeats-Stars Tems und Ayra Star hatten ein eigenes Konzert. Absolutes Hightight war aber, als der Headliner Coldplay den nigerianischen Afrobeat-Musiker Femi Kuti und seine Band mit auf die Bühne geholt hat, für ihren Song "Arabesque". Während Femi Kuti Saxophon spielte, sang Coldplay den Song zusammen mit der palästinensisch-chilenischen Musikerin Elyanna. Femi Kuti sagt dem britischen Guardian:

"Glastonbury hat erneut bewiesen, dass Frieden und Liebe siegen können. Ich habe gelernt, dass es sehr wichtig ist, standhaft zu bleiben - um nach 40 Jahren zurückzukommen" Femi Kuti

Tolle Geschichte, denn Femi stand 1984 mit seinem Vater -Afrobeat-Gott – Fela in Glastonbury auf der Bühne – und am Wochenende wiederum hat er seinen eigenen Sohn dabei. Das war aber nicht die einzige Afro-Note beim Coldplay-Auftritt. Coldplay haben auch ihren neuen Song "We Pray" vorgestellt, auf dem Afrobeats-Star Burna Boy und die britische Rapperin Little Simz drauf sein werden. Sie war auch mit auf der Stage. Burna Boy selbst war too busy. Er hatte parallel dazu ein Konzert im ausverkauften London Stadium. Gestern Abend dann kam er zu seinem eigenen großen Auftritt beim Glastonbury auf der Pyramid-Stage, also der Hauptbühne. 

Davon gibt es leider noch keine Videoaufnahmen der BBC. Aber die Stimmung soll Social-Media-Berichten zufolge exzellent gewesen sein.

Global Pop-Artists spiegeln die angespannte Lage in der Welt auf dem Glastonbury-Festival wider

Der Bombay Bicycle Club holte Gorillaz-Sänger Damon Albarn auf die Bühne. Und er hatte gleich mehrere Messages loszuwerden. Zunächst zum Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas:

"Ihr müsst mir zeigen, wie ihr darüber denkt – seid ihr für Palästina?" Seid ihr der Meinung, dass das ein ungerechter Krieg ist?". Damon Albarn

Das Publikum reagierte mit Beifall. Mitgefühl mit den israelischen Geiseln. Hinweis auf den Hamas-Angriff: Leider nein.

Dann schaute Damon Albarn auf sein eigenes Land, Großbritannien, wo am Donnerstag gewählt wird. "Ich mache euch keinen Vorwurf, dass ihr diesbezüglich ambivalent seid, aber es ist trotzdem sehr wichtig, hinzugehen." Und dann zum missglückten TV-Duell zwischen den möglichen Präsidentschaftskandidaten der USA, Joe Biden und Donald Trump.

"Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir aufhören, Achtzigjährigen die Verantwortung für die ganze Welt zu übertragen?" Damon Albarn

Spektakuläre Performance von Banksy

Der bedeutendste Street-Artist aller Zeiten erinnerte an Geflüchtete, die mit Schlauchbooten über das Mittelmeer und den Ärmelkanal kommen. Während die Band IDLES als Headliner der Other Stage spielte, kam von hinten aus dem Publikum ein aufblasbares Migranten-Boot-Kunstwerk mit Gummipuppen in Rettungswesten - es wurde dann vom Publikum weiter nach vorne gereicht. Scheinbar wusste die Band selbst nichts von der Aktion. Aber der Augenblick war präzise gewählt. Denn das Ganze passierte während ihres Songs "Danny Nedelko", einer Art Pro-Immigranten-Hymne.

Taiwanesische Sängerin nutzt Musikpreis für China-Kritik

Die Golden Melody Awards werden als der wichtigste Musikpreis in der chinesischsprachigen Welt gehandelt. Die Folksängerin Panai gewann den Award für das beste Italienischsprachige Album und erinnerte an das sogenannte Tiananmen-Massaker.

Am dritten und vierten Juni 1989 schlug das chinesische Militär gewaltsam die demokratische Studentenbewegung in Peking nieder. Auf dem Platz selbst starben zwar keine Menschen, aber bei Straßenkämpfen in der ganzen Stadt bis zu 2600 Menschen – nach Angaben von Amnesty International. Panai nutzte die Bühne bei der Preisverleihung und sagte

"Auch wenn wir alle unterschiedlichen ethnischen Gruppen angehören. Diese Insel ist das Zuhause von uns allen. Wir alle leiden aus unterschiedlichen Gründen. Aber lasst uns heute Abend an diese eine Sache erinnern. Es sind die 35sten Golden Melody Awards. Ebenfalls vor 35 Jahren kam es zum Tiananmen-Zwischenfall. Lasst uns das nie vergessen. Kommt nach Taiwan." Panai

Tabu in China

Als in Mittelosteuropa 1989 der Sozialismus zusammenbrach und eine Diktatur nach der anderen kippte, inspirierte das auch die chinesische Demokratiebewegung. Sie demonstrierte wochenlang in Peking, wurde dann aber blutig niedergeschlagen. Bis heute ein historisches Trauma. Öffentliche Diskussionen über die Geschehnisse sind in China tabu, während in Taiwan offen darüber gesprochen wird. China betrachtet Taiwan politisch als abtrünnige Provinz. Taiwan ist aber international anerkannt als souveräner demokratischer Staat. Taiwans Popmusikszene hat in ganz Ostasien, vor allem in China, einen großen Einfluss, aber Artists aus Festlandchina kommen NICHT zu den Awards. Vermutlich aus Angst vor Repressionen.

Killer Mike rappt in neuem Song über Grammy-Festnahme

Die Grammys in L. A. sind der wichtigste US-amerikanische Musikpreis und US-Rapper Killer Mike hat dort vergangenes Jahr gleich drei Grammys gewonnen: "Best Rap Performance", "Best Rap Song" und "Best Rap Album". Noch während der Verleihung wurde er jedoch von der Polizei verhaftet und in Handschellen abgeführt. Jetzt hat Killer Mike einen Song veröffentlicht, in dem es genau um diese Festnahme geht.

In "HUMBLE ME" rappt Killer Mike darüber, dass er bei den Grammys gewonnen hat und dann in den Knast gesteckt wurde. Man habe ihn "wie ein Tier" behandelt, als wäre er bösartig oder kannibalisch. Und trotz der Handschellen sei er erhobenen Hauptes und mit Stolz von den Grammys gegangen. Denn alle seine Helden würden Handschellen tragen, wie zum Beispiel Martin Luther King. Außerdem vergleicht er sich auch mit Muhammad Ali.

Der Song sei direkt entstanden, nachdem Killer Mike wieder freigelassen wurde, berichten verschiedene Medien. Gleich am nächsten Tag sei Killer Mike ins Studio gegangen und habe "HUMBLE ME" aufgenommen. Er sei "so inspiriert wie noch nie und verfolge im Moment nur die Musik", sagt er in einem Statement. Außerdem spricht er auch darüber, dass sein Sohn nur einen Tag nach seiner Freilassung die gute Nachricht bekommen habe, dass er eine Spenderniere erhält. Der Titel "HUMBLE ME" ist auf Demut und auf seinen Glauben zurückzuführen.

Vergangene Woche wurde außerdem bekannt gegeben, dass keine Anklage im Zusammenhang mit der Verhaftung bei den Grammys erhoben wird. Killer Mike habe zugestimmt, gemeinnützige Arbeit zu verrichten. Grund für die Verhaftung sei übrigens ein Zwischenfall mit einem Sicherheitsbeamten bei den Grammy Awards. Und am Sonntag Abend (30.06.) hat Killer Mike bei den Black Entertainment Television Awards in der Kategorie "Album des Jahres" gewonnen.