Der Tiefsoultaucher

Auf "Submerge" taucht Jerome Thomas tief in den Soul ein

Stand: 29.07.2024, 00:00 Uhr

Jerome Thomas ist der neue Stern am R&B-Himmel. Der Londoner taucht auf "Submerge" in ein Aquarium voller Liebe und Neo-Soul-Grooves ein.

Von Adrian Nowak

Jerome Thomas: "Submerge" COSMO Album der Woche 29.07.2024 02:51 Min. Verfügbar bis 29.07.2025 COSMO

Britischer Soul stand jahrelang im Schatten der R’n‘B-Giganten aus den Staaten, auch wenn die Szene mit der 80er/90er-Jahre Formation Soul II Soul oder Sänger Omar einiges zu bieten hatte. Im neuen Jahrtausend rückte UK Soul durch Weltstar Amy Winehouse wieder ins allgemeine Bewusstsein, zuletzt auch wieder durch das spannende Bandprojekt Sault. Aber auch Jerome Thomas hörte als Teenager im heutigen Londoner Hipster-Stadtteil Hackney vor allem US-Acts wie Brandy oder Joe, besonders prägend war für ihn der Neo Soul auf "Brown Sugar" von D'Angelo, der auch maßgeblich seine eigene musikalische Vision inspirieren sollte.

Im Soulquarium

2016 veröffentlichte Jerome Thomas seine Debut-EP "Conversation", 2018 erweiterte er seine Fanbase mit dem nostalgischen "1989" in einer Colors-Session. "Submerge" ist sein vierter Release, ein acht Track starkes Werk. Thomas verzaubert mit seinem seelenvollen Gesang, unterlegt von Beats aus Jazz, Soul und HipHop. Das komplette Album ist produziert von Beatbastler Pitch 92, dadurch klingt es wie aus einem Guss. Der Titel "Submerge" – zu Deutsch: "Eintauchen" – passt sehr gut, denn tatsächlich können Hörer vom ersten bis zum letzten Ton in die entspannten Grooves eintauchen, gleichzeitig gibt Jerome Thomas einen tiefen Einblick in sein Seelenleben. Die Tauch-Metapher hat er wahrscheinlich auch mit Verweis auf die Soulquarians gewählt, jenes legendäre Neo-Soul-Kollektiv von der US-Ostküste, dem um die Jahrtausendwende u.a. D’Angelo, Erykah Badu, The Roots und J Dilla angehörten.

Dilla und D‘Angelo

Pitch 92 produzierte für Tracks wie "DM‘s" oder "Pop" knackige, funky Beats mit verschobenen Drums, die klingen wie eine cleanere Version der Produktionen von Dilla. Jerome Thomas‘ Idol D’Angelo hört man beinah überall heraus, nur "Sock It To Me" erinnert eher an klassischen 70er Jahre Soul im Stil von Al Green. Es gibt noch mehr Überraschungen, etwa am Ende von "Gotta Be More" eine Live Session, oder wenn in "Nowhere" nach zwei Minuten der Beat langsamer wird und vom HipHop Bounce zum Slow Jam übergeht.

Entspannung und Sinnlichkeit

Dazu ertönt der sinnliche und verträumte Gesang von Jerome, der uns Geschichten von Liebe und Lebensfreude erzählt. Ein Highlight ist das eingängige "Bad & Boujeé", das schwarzes Selbstbewusstsein feiert. Das Stück ist eine Art Hymne, die man am besten hört, wenn man sich gerade zum Ausgehen schick macht, sagt Jerome Thomas selbst, dann würden die charmanten Lyrics ihre volle Wirkung entfalten. In "DM‘s" geht es um Dating in Zeiten von Social Media, "I scroll through your profile" singt er da. Der Song ist eine Kritik an der Kultur des unendlichen Swipens, in der immer wieder die nächste Bekanntschaft lockt. Es sei keine einfache Zeit für die Liebe, sagt Thomas weiter. Er liefert mit „Submerge“ das Gegenstück, eine sinnliche halbe Stunde Auszeit vom Stress des Alltags.