Werkeinführung: Richard Strauss – Tod und Verklärung op. 24

Von Otto Hagedorn

Nach den Tondichtungen "Macbeth" und "Don Juan", in denen konkrete Helden im Mittelpunkt stehen, hatte Richard Strauss die Idee für ein abstrakteres Thema – das er gleichwohl äußerst detailliert in Töne setzte. Wie er schrieb, reizte es ihn, "die Todesstunde eines Menschen, der nach den höchsten Idealen gestrebt hatte, also wohl eines Künstlers, in einer Tondichtung darzustellen". Schon 1888 machte er sich an die Arbeit, noch vor der Uraufführung des "Don Juan". Lange ist darüber spekuliert worden, ob Strauss mit "Tod und Verklärung" eine schwere Krankheit oder das Erleben eines Todeskampfs verarbeitet hat. Er selbst hat allerdings ausdrücklich betont, dass seiner Komposition keinerlei eigene Erfahrung zugrunde liege.

Während Strauss für "Don Juan" kein konkretes Programm verfasste, sondern seiner Partitur Auszüge aus Lenaus Gedicht voranstellte, hat er bei "Tod und Verklärung" im Detail beschrieben, was in der Musik zu hören ist. Für den Musikwissenschaftler Friedrich von Hausegger hat er dies ausformuliert: "Der Kranke liegt im Schlummer, schwer u. unregelmäßig atmend, zu Bette; freundliche Träume zaubern ein Lächeln auf das Antlitz des schwer Leidenden; der Schlaf wird leichter; er erwacht, gräßliche Schmerzen beginnen ihn wieder zu foltern, das Fieber schüttelt seine Glieder – als der Anfall zu Ende geht u. die Schmerzen nachlassen, gedenkt er seines vergangenen Lebens: seine Kindheit zieht an ihm vorüber, seine Jünglingszeit mit seinem Streben, seinen Leidenschaften u. dann, während schon wieder Schmerzen sich einstellen, erscheint ihm die Leuchte seines Lebenspfades, die Idee, das Ideal, das er zu verwirklichen, künstlerisch darzustellen versucht hat, das er aber nicht vollenden konnte, weil es von einem Menschen nicht zu vollenden war, die Todesstunde naht, die Seele verläßt den Körper, um im ewigen Weltraum das vollendet, in herrlichster Gestalt zu finden, was er hienieden nicht erfüllen konnte."

Fünfzig Jahre später, im Jahr vor seinem Tod, sollte sich Strauss in seinen Vier letzten Liedern noch einmal mit einem Zitat aus "Tod und Verklärung" daran erinnern, wie er das Sterben als junger Mensch musikalisch gefasst hatte.