Was wäre, wenn ...? Die Frage treibt einem angesichts des plötzlichen Todes von Wolfgang Amadeus Mozart immer wieder Schauer über den Rücken. Was wäre, wenn Mozart nach der "Zauberflöte" weitere Opern für Schikaneders quirliges Vorstadttheater "auf der Wieden" komponiert hätte, wenn er (wie vom Wiener Magistrat bereits zugesagt) Domorganist an St. Stephan geworden wäre oder sein Requiem doch noch vollendet hätte? Die Fragen deuten schon an: Mozart war in seinem letzten Lebensjahr nicht untätig, im Gegenteil. Zwischen die Uraufführungen seiner Opern "La clemenza di Tito" und "Die Zauberflöte" konnte er noch die Komposition eines Konzerts für seinen Freund und Logenbruder in Wien, den Klarinettisten Anton Stadler einschieben – einmal hat er es in einem Brief an seine Frau Konstanze erwähnt, neben alltäglichen Beschäftigungen wie dem Billardspiel oder dem Verkauf seines Pferdes.
Skizzen zum Konzert hatte Mozart schon einige Jahre zuvor gemacht; offenbar interessierte ihn der weiche Klang, aber auch die Weiterentwicklung des relativ jungen Instruments mit seinen Varianten, des Bassetthorns und einer Altklarinette, die seit ihrer Rekonstruktion im 20. Jahrhundert als "Bassettklarinette" bekannt ist. Durchgesetzt hat sie sich damals offenbar nicht, denn schon in den ersten Druckausgaben des Konzerts wurde der Solopart für die gewöhnliche A-Klarinette arrangiert und tiefe Passagen in die höhere Oktave gelegt (diese Version wird heute von Jörg Widmann gespielt).
Stadler hat Mozarts Konzert bei seinen Tourneen durch Europa als wirkungsvolles "Showpiece" vorgeführt. Da gibt es im ersten Satz gewagte Sprünge zwischen den Extremlagen, während die Klarinette im berühmten Adagio eine wundersame Gesangsszene entfaltet. Sie wirkt auch im Schlussrondo nach, das nie grelle Virtuosität verbreitet, sondern mit seinen romantischen Verschattungen auch in die Zukunft weist.