An einem warmen Sommerabend im Freien sitzen, am besten unter einem südlichen Sternenhimmel. Dabei den angenehmen Klängen eines Bläserensembles lauschen und sich an den solistischen Vorträgen der Mitwirkenden erfreuen: Dies sind gewiss die Idealbedingungen für Serenadenmusiken, die zu Haydns Zeiten genauso populär waren wie heute.
Joseph Haydn war nach seinem Ausscheiden aus dem Chor des Wiener Stephansdoms ab 1749 finanziell auf sich selbst gestellt. Für verschiedene Anlässe schrieb er Gelegenheitsmusiken, darunter eine größere Anzahl an Divertimenti. Das Divertimento F-Dur Hob II:20 ist ein frühes Werk, er komponierte es vor 1755. Haydn bewohnte zu der Zeit in Wien eine ofenlose Dachstube im "Großen Michaelerhaus" in der Nähe vom Kohlmarkt. Sein Glück war, dass im Vorderhaus der Librettist Pietro Metastasio und der Komponist Nicola Antonio Porpora wohnten, die sich bald beide des jungen Mannes annahmen. So wurde Haydn um 1755 Kompositionsschüler von Porpora, begleitete dessen Gesangsklasse auf dem Klavier und verrichtete (damals durchaus nicht unüblich) für ihn Dienstbotengänge. Rückblickend bemerkte Haydn über den als unangenehm empfundenen Lehrer: "Da fehlte es nicht an Asino [dt. Esel], Birbante [dt. Schurke] und Rippenstößen; aber ich ließ mir alles gefallen, denn ich profitierte bei Porpora im Gesange, in der Komposition und in der italienischen Sprache sehr viel."
Das Divertimento F-Dur Hob II:20 zeigt die erstaunlichen Fortschritte des jungen Haydn, der es schon vor dem lehrreichen Studium bei Porpora verstanden hatte, die spätbarocken Vorbilder abzuschütteln. Typisch für Haydns frühe Divertimenti ist ihre Fünfsätzigkeit. So auch hier: Zwei schnelle Ecksätze umrahmen Menuet I und II, die wiederum ein ausdrucksvolles Adagio in ihrer Mitte einschließen. In den Menuetten verlangt Haydn virtuoses Können in den Hornpartien. Möglicherweise standen ihm beim Grafen Morzin, wo er seit 1759 seine erste feste Position als Musikdirektor angetreten hatte, zwei böhmische Virtuosen zur Bewältigung dieser heiklen Partien zur Verfügung. Im langsamen Satz schweigen traditionsgemäß die Bläser. So entsteht Raum für die Streicher, ihre langen melodischen Linien zu entwickeln und in ein ständchenhaftes Konzertieren einzutreten.