Der gebürtige Kölner Max Bruch begann schon in frühester Jugend zu komponieren. 1852 wurde eines seiner Streichquartette von der Frankfurter Mozartstiftung prämiert, woraufhin das 14-jährige Wunderkind bei Ferdinand Hiller, dem städtischen Musikdirektor von Köln, Komposition studieren durfte. Bis heute wird Max Bruchs Name vor allem mit seinem ersten Violinkonzert in Verbindung gebracht. Daneben sind seine übrigen Werke verblasst. Er schrieb Opern, Oratorien, Männerchöre, Lieder, Sinfonien und Instrumentalmusik, vor allem für die Geige. Max Bruch war zwar von Haus aus Pianist, verschmähte aber das Klavier (nach eigener Aussage den "öden Klapperkasten") und bevorzugte die Violine, weil sie "eine Melodie besser singen kann als ein Klavier, und die Melodie ist die Seele der Musik."
In diesem Satz steckt bereits das kompositorische Credo Bruchs, der sich unbeirrt und mit großer Beharrlichkeit allen musikalischen Neuerungen, die von Musikern wie Wagner, Liszt, Strauss oder Mahler ausgingen, widersetzte. Sein musikalisches Ideal, dem er bis zum Ende seines langen Lebens anhing, war die Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann. Sogar dem Kollegen Johannes Brahms stand er zwiespältig gegenüber.
Vielleicht hegte Max Bruch kein sonderlich großes Interesse für Kammermusik. Seine Äußerung, er schreibe "lieber drei ganze Oratorien mit Chor und Orchester als drei Streichquartette", könnte man in dieser Hinsicht interpretieren. Die meisten seiner Kammermusikwerke entstanden für befreundete Musiker*innen oder andere ihm nahestehende Personen wie seinen Sohn, den Klarinettisten Max Felix. Zwischen 1918 und 1920 komponierte der hochbetagte Max Bruch vermutlich für den Geiger Willy Hess noch drei Streicherwerke, darunter das Streichquintett Es-Dur. Das Manuskript galt lange als verschollen, bis es 2006 plötzlich bei Sotheby’s wieder auftauchte. Im Juli 2008, rund 100 Jahre nach seiner Entstehung, erlebte das Werk seine Uraufführung durch das Henschel Quartett in London.
In dem Streichquintett Es-Dur unterstreicht der achtzigjährige Max Bruch noch einmal seine ästhetischen Prämissen, wie er sie in der klassischen Tradition verwirklicht sah. Beim Blick zurück zitiert sich Bruch auch selbst, etwa wenn er Themen aus seinen Sinfonien Nr. 1 und Nr. 3 aufgreift. Nach einem langen, arbeitsreichen Leben liegt darin zugleich Selbstvergewisserung und Reminiszenz an die eigene Vergangenheit.