Frage: Wie viel Zeit brauchen exzellente Geiger:innen, um Beethovens Violinkonzert einzustudieren? Die Antwort: lediglich zwei Tage. Was sich wie eine naive Einschätzung liest, war bei der Uraufführung Realität. Franz Clement, eminenter Geigenvirtuose, bekam die Noten erst 48 Stunden vor seinem Auftritt in die Finger. Glaubt man den Zeitgenossen, spielte er Beethovens Konzert dennoch wie ein junger Gott. Clement, zehn Jahre jünger als Beethoven, war als Wunderkind gestartet. Als Joseph Haydn in Oxford die Ehrendoktorwürde verliehen wurde, war der damals Zehnjährige der Special Act. Drei Jahre später schrieb Beethoven Clement ins Stammbuch: »Natur und Kunst wetteifern, dich zu einem der größten Künstler zu machen.« Mit Anfang 20 wurde der Geiger Konzertmeister und zugleich Orchesterdirektor am Theater an der Wien. In dieser Funktion organisierte er regelmäßig Akademien, die oft darauf ausgerichtet waren, ihn als Virtuosen ins Licht zu setzen. So auch am 23. Dezember 1806, als er neben Beethovens Violinkonzert etwa auch eine »Sonate auf einer einzigen Saite mit umgekehrter Violin« spielte. Skeptiker hielten das für Mätzchen, doch das Publikum johlte. Und Beethoven hoffte, sein Violinkonzert werde im Rahmen dieses Glanzes umso wirkungsvoller erstrahlen. Doch die Reaktion war insgesamt eher mau. Warum, das meinte ein Uraufführungskritiker erkannt zu haben: zu komplex, zu verästelt und damit vermeintlich zusammenhanglos erschien ihm die Komposition.
Vielleicht entstand dieser Eindruck, weil Beethoven das Violinkonzert in aller Hast fertiggestellt hatte, um den Aufführungstermin kurz vor Weihnachten halten zu können. Als es darum ging, das Werk für den Druck vorzubereiten, hat er daran noch intensiv gefeilt. In dieser Form präsentiert das Konzert eine Fülle von großartigen Momenten: der Beginn mit dem berühmten Paukenmotiv, das im ersten Satz immer wieder auftaucht; das Schweben des Hauptthemas; das Tastend-Zarte des langsamen Satzes oder das Ausgelassene des Jagdthemas im Finale: Nach dem mäßigen Start hat sich Beethovens Violinkonzert als klangvoller Klassiker durchgesetzt.