Ab September will Russland die Massenproduktion seines neuen Covid-19-Impfstoffs starten. Von internationalen Experten gibt es allerdings viel Kritik an dem neuen Impfstoff.
Soweit bekannt, hat Russland bei der Entwicklung seines Impfstoffs nämlich die wichtigen "Phase-III-Tests" weggelassen. Dabei werden Impfstoffe normalerweise in großen Studien mit bis zu 30.000 Teilnehmern auf Wirkung und Verträglichkeit getestet.
Russischer Impfstoff bekommt keine EU-Zulassung
Für Bürger in Deutschland macht es daher zunächst keinen Unterschied, dass Russland nun einen Impfstoff vorweisen kann. Denn zugelassen werde der Impfstoff in der EU nicht, außer Russland reiche weitere Tests und Informationen nach, sagt Siegfried Throm, der beim "Verband Forschender Arzneimittelhersteller" (vfa) für den Bereich Forschung und Entwicklung zuständig ist.
So sei ein Phase-III-Test für eine Zulassung in der EU verbindlich vorgeschrieben. Damit sind auch künftige "schnelle" Impfstoffe aus anderen Ländern aus dem Zulassungsrennen, wenn die langwierige Phase III fehlt.
Europäische Zulassungsstelle warnt vor Schnellschüssen
Hans Georg Eichler arbeitet bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA, die für die Zulassung von Impfstoffen in der EU zuständig ist. Er sagt, seine Agentur werde nicht von den vorgeschriebenen Standards abweichen. Jetzt einen Impfstoff auf den Markt zu bringen, der nicht funktioniert oder gar schadet, wäre aus seiner Sicht nur kontraproduktiv.
Eine Studie der Universität Erfurt zeigt, dass sich in Deutschland im Juli rund jeder Dritte nicht gegen eine mögliche Corona-Ansteckung impfen lassen würde. Diese Zahl könne bei negativen Schlagzeilen über schlecht geprüfte Impfstoffe schnell zunehmen, warnt Eichler: "Wir brauchen nicht irgendeinen Impfstoff. Wir brauchen einen Impfstoff, der sicher und wirksam ist."
Rennen um Corona-Impfstoff geht weiter
Viele deutsche Forscher sehen das genauso. Und die deutschen Unternehmen kennen natürlich die Zulassungsbestimmungen und die Risiken.
Ein Beispiel: Michael Piontek führt das Unternehmen Artes Biotechnology in Langenfeld und treibt ebenfalls die Entwicklung eines Covid-19-Impfstoffs voran. Er werde bei seiner Forschung Schritt für Schritt alle notwendigen Testphasen abarbeiten, sagt er. Alles andere sei zu riskant.
Dass er dadurch mit seinem Produkt zu spät am Markt sein könnte, glaubt er nicht. Schließlich sei der globale Bedarf riesig: "Es gibt weltweit genug unterschiedliche Märkte und Interessen, sodass auch wir mit der Entwicklung noch zum Zuge kommen werden."