Der Rhein-Kreis Neuss umfasst acht Gemeinden: Neuss, Grevenbroich, Korschenbroich, Meerbusch, Kaarst, Dormagen, Jüchen und Rommerskirchen. Insgesamt hat der Kreis knapp 450.000 Einwohner. Neuss ist mit rund 155.000 die größte Kommune im Kreis. Und wäre damit – ginge es nach der Größe einer Stadt – eigentlich eher den kreisfreien Städten zuzuordnen. „Wir haben mit Bottrop eine kreisfreie Stadt, die kleiner ist, als Neuss“, erklärt Stefan Marschall, Professor für Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine-Uni in Düsseldorf.
Kreisangehörigkeit ist teuer
Die Zuordnung zu einem Kreis ärgert die Neusser schon lange: seit nämlich die Stadt Mitte der 1970er Jahre ihre Kreisfreiheit verlor. Der Verlust dieser Freiheit ist eine teure Angelegenheit. Fast 100 Millionen Euro zahle die Stadtkasse jährlich als sogenannte Kreisumlage, mehr als man für das städtische Personal ausgebe, rechnet der Neusser Bürgermeister Reiner Breuer vor.
Sein Landrat, Hans-Jürgen Petrauschke, verweist dagegen auf die Verwaltungsaufgaben, die der Kreis für die Kommunen übernimmt. Die müssten schließlich bezahlt werden.
Landrat nervt Bürgermeister
Aus Sicht der Bürgermeister regiert ihnen der Landrat mit ihrem – also dem kommunalen – Geld allerdings ins Handwerk. Umso mehr, als ein Landrat nicht nur repräsentative Termine wahrnimmt, sondern auch die Aufsicht über die städtischen Finanzen hat.
Genau deswegen hat jetzt der Grevenbroicher Bürgermeister den Landrat verklagt. Grevenbroich steht unter Haushaltssicherung – und muss sich damit seinen Haushalt vom Landrat genehmigen lassen. Und dieser hat einen Teil des Haushalts eben nicht genehmigt. Grevenbroichs Bürgermeister meint, der Landrat habe damit seine Kompetenzen überschritten.
Geld und (Un-)Abhängigkeit
Hans-Jürgen Petrauschke sieht das naturgemäß anders: Er sei schlicht seiner Aufgabe nachgekommen. Die nimmt der Landrat mit großer Akribie und Hingabe wahr, findet der Neusser Bürgermeisters Reiner Breuer. Abzulesen sei dies etwa am Haushalt der Stadt Neuss. Die Stadt hat einen ausgeglichenen Haushalt, weshalb er dem Landrat zwar vorzulegen, nicht aber von ihm zu genehmigen war. „Nichts desto trotz hat der Landrat es geschafft, neun Seiten dazu zu schreiben, was er von diesem Haushalt der Stadt Neuss hält. Wir nehmen schon wahr, dass der Landrat dazu neigt, in vielen Dingen mitzureden, wo wir uns fragen, ob das wirklich zwingend ist.“
Konfliktpotential
Und auch auf anderen Themenfeldern gibt es zwischen Kreis und Kommunen einiges an Konfliktpotential, meint Politik-Professor Stefan Marschall. So liege die Bauleitplanung in der Regel bei den Kommunen, der Kreis entscheide aber über die Landschaftsplanung. Die Grenzen dabei seien manchmal nur schwer zu ziehen.