NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) fühlt sich durch das Ergebnis der ersten Runde der Kommunalwahlen in seiner Politik bestätigt. Er verspürt Rückenwind. Und das, obwohl die CDU mit 34,3 Prozent und 3,2 Prozentpunkten Einbußen das schlechteste Kommunalwahlergebnis ihrer Parteiengeschichte eingefahren hat.
Rückenwind mit einem historischen Tiefpunkt? Ja, das geht in einer sich immer weiter ausdifferenzierenden Parteienlandschaft. Und das gilt insbesondere für eine Kommunalwahl, bei der es für die Gemeinderäte keine Sperrklausel gab und Kleinstparteien in die Räte zogen. In der größten NRW-Stadt Köln beispielsweise sind nun 11 Parteien im Rat vertreten.
So konnte die CDU landesweit trotz Einbußen deutlich stärkste Kraft in NRW werden. Und dass sie so klar strahlen kann, liegt auch am schlechten Abschneiden der SPD.
SPD - "Trendwende" mit einem Absturz
Abgestürzt sind die Sozialdemokraten auf nur noch 24,3 Prozent. Auch das ein historischer Tiefpunkt bei Kommunalwahlen. Doch mit 7,1 Prozentpunkten Einbußen schlägt dies viel deutlicher zu Buche, als bei der CDU. Die Bundesvorsitzende Saskia Esken sprach von einem "enttäuschenden Ergebnis" und redete Klartext. Danach musste ihr Co-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans im WDR all seine NRW-Kompetenz ins Feld führen, um eine "Trendwende" herbeizureden.
Der letzte Trost, an den sich auch der NRW-SPD-Vorsitzende Hartmann klammerte, ist der Blick auf das noch schlechtere Ergebnis bei der Europawahl 2019. Da landete die SPD bundesweit bei 15,8 Prozent. Und der Blick auf noch schlechtere Vorwahlumfragen. Es war die erste Wahl, nachdem die SPD sich sehr früh auf Olaf Scholz als Kanzlerkandidat festgelegt hat. Statt Rückenwind aus Berlin also eine große Flaute.
Grüne - Flughöhe gehalten
Auch wenn sie landesweit nur drittstärkste Kraft wurden, den klarsten Wahlsieg können die Grünen verbuchen. Im Freudentaumel feiert die Landespartei ihr historisch stärkstes Ergebnis im Land, Zugewinne von über 8 Prozentpunkten lassen die Grünen bei 20 Prozent landen.
Während die Partei selbst nach dem Höhenflug der Europawahl (bundesweit 20,5 Prozent, in NRW sogar 23,2 Prozent) Angst vor einem Absturz hatte, hat sie nun die Flughöhe weitestgehend halten können. Die Grünen schauen nicht auf diese leichten Verluste, sondern lieber auf die aktuellen Erfolge. Insbesondere bei Jungwählern konnte die Partei punkten – und blickt hoffnungsfroh in die Zukunft. In mehreren Städten ziehen grüne Kandidatinnen und Kandidaten in die Stichwahl ein und haben gute Chancen, in Städten wie Aachen oder Wuppertal zu gewinnen.
Trotz der Corona-Pandemie, die als Stunde der Exekutive gilt, konnten sich die Grünen vielerorts also erfolgreich als Alternative empfehlen. Umwelt und Klima – das war das wichtigste Thema für die Menschen bei den Kommunalwahlen. Es ist ein urgrünes Thema. Die Klimakrise ist allgegenwärtig, den Grünen trauen immer mehr Menschen eine Lösung zu.
FDP - solide, aber ohne Paukenschlag
Die FDP ist der Partner einer weitgehend reibungslos laufenden Koalition im Land. Dass das nicht unbedingt mit Wählerzustimmung belohnt wird, muss die SPD im Bund regelmäßig erfahren. Mit leichten Zugewinnen von 0,8 Prozentpunkten landet die FDP bei 5,6 Prozent landesweit. Das ist solide, ein Grund zur Zufriedenheit, aber nicht zur Freude.
Kommunalwahlen bieten jeder Partei die Chance, in einzelnen Orten mit herausragenden Ergebnissen zu punkten. Das sollte für die Liberalen ein Paukenschlag in Düsseldorf sein – dort wollte die Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann in die Stichwahl einziehen. Doch sie landete nur auf Platz vier hinter dem grünen Landtagsabgeordneten Engstfeld. CDU und SPD gehen in die Stichwahl.
Frustriert sagte Strack-Zimmermann alle Interviews ab. Sie wäre wohl gerne mit diesem Erfolg zum Bundesparteitag der Liberalen am Samstag nach Berlin gefahren. Nach dem Rauswurf von Generalsekretärin Linda Teuteberg und dem angekündigten Rückzug von Katja Suding kommen der FDP die prominenten Frauen abhanden.
AfD ausgebremst
Die AfD wollte zweistellig werden, 10 oder 15 Prozent hätte NRW-AfD-Chef Rüdiger Lucassen am liebsten gehabt, sagte er im WDR. Stattdessen nur fünf Prozent landesweit. Die Verdopplung des Ergebnisses von 2014 trügt, denn damals war die Partei in NRW noch nicht flächendeckend aufgestellt.
So musste sich AfD-Chef Lucassen damit begnügen, als Erfolg rauszustreichen, dass die AfD nun in 90 Prozent der Kommunen angetreten ist. Ob jedoch alle Kandidaten wirklich freiwillig auf den Listen erschienen, ist aktuell ein strittiger Punkt.
Der Aufstieg der AfD ist deutlich ausgebremst. Das gilt für einen zerstrittenen Landesverband, der stark mit sich selbst beschäftigt war und ist. Als Leugner der menschengemachten Klimakrise und mit ihrer Nähe zu Protesten gegen Corona-Maßnahmen setzt die Partei offensichtlich auf keine massentauglichen Themen.
Die Linke, bei der letzten Landtagswahl knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, verliert leicht und landet bei 3,8 Prozent. Damit verbieten sich aktuell – auch mit Blick auf das Abschneiden der SPD – auf Landesebene Gedankenspiele um ein Bündnis von SPD, Grünen und der Linken.