Dies war allerdings kein Akt purer Großmut: In Süditalien hatte lange Krieg geherrscht, zudem hatte 1456 ein schweres Erdbeben viele der schönen kleinen Dörfer in Geisterorte verwandelt.
Nun füllten sie sich mit neuem Leben. Die Albaner brachten wundervolle bunte Trachten mit – und auch ihre Lieder. In 50 Dörfern des Molise, der Abruzzen, der Basilicata, Siziliens, vor allem aber Kalabriens sprechen heute noch insgesamt etwa 100.000 Menschen Arberesh, eine alte Variante des Toskischen aus Südalbanien. Die Menschen dort folgen griechisch-byzantinischen Riten, und albanische, türkische wie byzantinische Einflüsse finden sich auch in der Musik der Arbëresh-Dörfer.
Zum ersten Mal 1976 und dann wieder 1983 kam ein Aufnahmeteam des WDR nach Kalabrien in abgelegene Bergdörfer und dokumentierte die kalabresisch-albanische Tradition mit ihren Dudelsäcken, karramunxat, dem Akkordeon, den Surdulinas und vor allem den mehrstimmigen Gesängen: vjershet (mit zwei Stimmen) und vallja, die die Tänze begleiten. Und die Musik dort blieb lebendig. In Lungro zum Beispiel sind von 2.000 Einwohnern etwa 200 als Musiker aktiv. Santa Sophia di Epiro hat heute sogar zwei Bands, die Reggae und Rock spielen – mit Gesängen in Arbëresh.
Autorin: Marina Collaci
Redaktion: Werner Fuhr