Eine Wiese im Angertal in Ratingen. Vor dem blauen Himmel schon von weitem zu sehen: ein überdimensionierter Tisch, darauf ein Hirsch, in seinem Geweih ein Mann. Halb sitzend, halb liegend, scheint er es bequem zu haben, die Trophäe der Jäger als Hochsitz zu nutzen.
Irritation im Vertrauten
Seit 2002 eröffnet Stephan Balkenhols Bronzeskulptur den Kunstweg in Ratingen. Es ist ein ironisch-surreales Denkmal, das die Welt der Jagd auf den Kopf stellt. Das Wild, wie zum Verzehr auf einem Tisch präsentiert, widersetzt sich in höchst lebendiger Haltung der Verarbeitung zum Ragout. Und der kleine Mann in seinem Geweih? Wie ein Waidmann wirkt er nicht, eher wie ein Jedermann, den ein unbekanntes Schicksal in diese rätselhafte Lage brachte – genauso wie den Hirsch, den man eher im Walddickicht als auf einer Weide vermutet.
Diese Spannung zwischen Realem und Surrealem, zwischen Vertrautem und Befremdlichem ist charakteristisch für das Werk des 1957 in Fritzlar geborenen Künstlers. "Meine Skulpturen erzählen keine Geschichten. In ihnen versteckt sich etwas Geheimnisvolles", sagt er. "Es ist nicht meine Aufgabe, es zu enthüllen, sondern die des Zuschauers, es zu entdecken."
Buchtipps
Stephan Balkenhol in Sankt Elisabeth.
Ausstellungskatalog, in Kassel, Friedrichsplatz, 2012
Snoeck 2012, Preis: 19,80 Euro
Stephan Balkenhol.
Katalog zu den Ausstellungen in der Halle Verrière, Meisenthal, 2011 und im Château de Malbrouck, 2011
Snoeck 2011, Preis: 19,80 Euro
Andreas Franke: Stephan Balkenhol.
Die Skulpturen im öffentlichen Raum 1984-2008
Hatje Cantz Verlag 2009, Preis: 39,80 Euro
Standort
Autorin: Martina Müller