Der Dadaist Kurt Schwitters (1887-1948) war ein Meister der Collage – nicht nur in seiner Dichtung, sondern auch in seiner bildenden Kunst. Die Technik, aus Buchstaben, Silben und Wörtern, aus Zeitungsausschnitten, Alltagsgegenständen und Abfall Neues zu schaffen, nannte er „MERZ“ – herausgelöst aus dem Wort „Kommerz“. Es war die Bezeichnung nicht nur einer Kunstrichtung, sondern eines „Gesamtweltbildes“. „Nach dem Ersten Weltkrieg war sowieso alles kaputt, und es galt, aus den Scherben etwas Neues zu bauen.“
Grenzüberschreitungen
1931 entstand das „Neue Merzbild“ – zusammengesetzt aus Splittern des Alltags: Das abgelegte Rad eines Kinderspielzeugs trifft auf Reste ausgesägter Sperrholzformen. Packpapier wölbt sich zu einer Arabeske. Holzlatte und Messingleiste bilden ein Kreuz, teilen Malflächen und offenbaren wie selbstverständlich die Spuren der Konstruktion. Nichts ist beliebig, alles streng komponiert.
Das „Neue Merzbild“ sitzt wie eingerahmt in einem Kasten, ist zugleich Gemälde und Plastik. „Ich bin Maler und nagele meine Bilder. Mit illusionistischer Malerei ist kein Staat mehr zu machen.“ Schwitters entzieht dem Material das Eigengift: Es geht nicht um das Stück Holz oder um die Blechdose; wesentlich ist, welche Bilder daraus entstehen. Das macht ihn zum Urvater aller grenzüberschreitenden Kunst im 20. Jahrhundert. Experimentieren mit allem, was Augen und Ohren öffnet.
Kurt Schwitters’ wildes Denken war den Nazis ein Dorn im Auge. 1937 emigrierte er nach Norwegen und floh nach dem deutschen Überfall nach England, wo er 1948 starb.
Buchtipps
Christine Eckett: Kurt Schwitters.
Zwischen Geist und Materie.
Reimer 2012, Preis: 49 Euro
Roger Cardinal, Gwendolen Webster: Kurt Schwitters.
Eine Reise durch die Kunst.
Hatje Cantz Verlag 2011, Preis: 39,80 Euro
Kurt Schwitters: Merz - ein Gesamtweltbild
Katalog zur Ausstellung im Museum Tinguely, Basel 1. Mai - 22. August 2004
Benteli 2004; Preis: 62 Euro
Sigrid Franz: Kurt Schwitters Merz-Ästhetik im Spannungsfeld der Künste
Rombach Verlag 2009, Preis: 49,80 Euro
Autorin: Martina Müller