In dieser Stadt ist die Hölle los: Grelle Explosionen, feurige Kometenschweife, Dachstühle in Flammen, Fassaden wanken. Menschen irren in Angst und Panik durch Straßenschluchten. Dramatische Linien bringen Dynamik in die Statik.
Ludwig Meidner (1884-1966) hat die "Apokalyptische Stadt" 1913 im fieberhaften Rausch nachts bei Kerzenlicht in seiner Berliner Kammer gemalt. Der Künstler war aus Schlesien in die Hauptstadt gekommen und erlebte Berlinals einen Ort des Schreckens und der Faszination. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs sah er sich von Untergangsszenarien verfolgt: "Mein Hirn blutete in schrecklichen Geschichten. Ich sah nur immer Gräber und verbrannte Städte. Ein schmerzhafter Drang gab mir ein, alles Gradlinig-Vertikale zu zerbrechen." In dieser Zeit entstanden auch die ersten seiner "Apokalyptischen Landschaften", mit denen er seinen Ruf als der "expressionistischste der Expressionisten" etablierte.
Prophet des Untergangs
Überraschend ist die Rückseite des Bildes: Sie zeigt einen männlichen Akt, schamlos ausgestreckt in rotglühender Lavalandschaft. Der Schlafende scheint von den Schrecken der Vorderseite unberührt. Ist es der Triumph des Vitalen oder die Vision vom hilflos ausgelieferten Menschen der Moderne? Eine Vorahnung des Schreckens oder das ästhetische Erstaunen angesichts der entfesselten Energie?
Rückblickend betrachtet, erscheint Ludwig Meidner als mahnender Prophet des drohenden Untergangs, seine "Apokalyptische Stadt" als Ausblick auf die kommenden Katastrophen des Krieges.
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Autorin: Martina Müller