Die Kreuzigung Jesu auf dem Kalvarienberg steht im Zentrum des christlichen Glaubens. Besonders mitreißend dargestellt hat sie ein unbekannter niederländischer Holzschnitzer. Sein Werk entstand um 1440 als Teil eines Altarschreins und macht uns zu Zeugen einer bewegenden Szene.
Schmerz und Trauer
Viele Menschen drängen sich zu Füßen der drei Gekreuzigten: Jesus in der Mitte, neben ihm die beiden Verbrecher. Während sich der Mörder zu seiner Rechten, der ihn verspottete, mit seinem ganzen Körper gequält abwendet, blickt ihn der Schächer zu seiner Linken mit einem Ausdruck der Hoffnung an.
In den Mienen und Gesten der Umstehenden spiegeln sich die unterschiedlichsten Gefühle. Da ist der Soldat Stephaton, der Jesus eben noch einen Schwamm mit Essig gereicht hat. Und der blinde Longinus, der mit seiner Lanze die Brust Jesu öffnete. Das heilige Blut wird ihn wieder sehend machen.
Tragödie und Erlösung
Deutlich abgesetzt ist eine Gruppe trauernder Frauen: zentral die Gottesmutter Maria, die in ihrem Leid ohnmächtig zusammenbricht, flankiert von ihren beiden Schwestern, die die Untröstliche zu stützen versuchen. Eine vierte neigt sich erschüttert Maria zu. Die Frauen machen uns zu Mitleidenden, lassen uns die Tragödie des Kreuzes spüren, verweisen in ihrer ernsten Feierlichkeit aber auch auf die Auferstehung.
Die Gruppe der trauernden Frauen ist erst seit 2012 im Besitz des Museums Schnütgen. Das Ensemble komplettiert die Kreuzigungsdarstellung, die schon 1965 erworben wurde. Beide Teile waren vor vielen Jahren getrennt verkauft worden. Nun sind sie wieder vereint. Auch nach fast 600 Jahren fasziniert der "Große Kalvarienberg" durch seine lebendige Gestaltung, durch die Staffelung der Figuren, die Tiefe vermittelt, und die beeindruckende Farbgebung.
Autorin: Claudia Kuhland