Ein tosender Bach, schattige Wälder, schroffe Felswände. Eine Schweizer Berglandschaft, die Johann Wilhelm Schirmer (1807-1863) wie ein Bühnenbild komponiert hat. Gemalt hat er "Das Wetterhorn" in Düsseldorf. Die Doppelspitze im Zentrum zeigt die Wellhörner. Klein und fast ins Abseits gedrängt das titelgebende Wetterhorn - im 19. Jahrhundert ein Modeberg für Dichter, Maler und Touristen.
Exquisite Lichtregie
1837 reist Johann Wilhelm Schirmer in die Schweiz. Allerdings nicht als Bergsteiger. Sein Standpunkt bleibt die Ebene mit der detaillierten Wiedergabe des steinigen Anstiegs zu den Dreitausendern. Unterwegs ein Hirte mit Packeseln. Skizzenhaft die Darstellung der Bergbewohner. Schirmer, Professor für Landschaftsmalerei an der Düsseldorfer Kunstakademie, malt für das wandernde Auge des Kunstbetrachters.
Über rauschendes Wasser und feinteilige Strukturen im Vordergrund lenkt er den Blick immer höher hinauf zu Almwiesen mit Hütten. Dunkel säumt der Wald die Felsen. Wie eine Spitzenborte ragen die Baumkronen in das Aderwerk der steilen Geröllhalden. Vom Streiflicht in das hell erleuchtete Gebirgsmassiv. Eine exquisite Lichtregie, die Schirmer in zahllosen Naturstudien beobachtet hat - in der Schweiz und in heimischen Landschaften.
Standort
Ideal eines Landschaftsbildes
Steine im Sonnenlicht und immer wieder das aufgewühlte Wasser der Bäche. Seine Skizzen von unglaublich malerischer Modernität zeigt Schirmer nie öffentlich. Sie dienen ihm nur als Material für ein Œuvre, das er im Atelier zu einem idealen Landschaftsbild zusammensetzt.
Das großformatige "Wetterhorn" wird 1838 von seiner Majestät Prinz Friedrich von Preußen erworben. "Die Zeit, die heute über die gegenwärtige Production urtheilt, ist mir keine Autorität, erst die Stimme, die morgen über das Heute urtheilen wird, bestimmt die Klassizität des Kunstwerks." Das "Wetterhorn" begeistert Schirmers Schüler und hat weltweit Einfluss auf die Emanzipation der Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert.
Buchtipp
Johann Wilhelm Schirmer. Vom Rheinland in die Welt.
Hrsg. vom Marcell Perse, Bettina Baumgärtel, Irene Haberland u.a.
Imhof 2010, Preis: 39,95 Euro
Autorin: Martina Müller