Hängt es schief oder ist es schief? Der Amerikaner Frank Stella pfeift auf den rechten Winkel. In seinem farbexplosiven Wandobjekt "Arpoador II", Teil einer Serie von 1975, springen Formen vor und zurück, sprengen die Oberfläche. "Viele Maler tun so, als ob ihre Bilder Tiefe hätten. Bei mir gibt es die Tiefe wirklich", so der Künstler.
Aufgefaltet und gegenläufig angeordnet, kippen die Motive in den Raum, erwecken den Eindruck, als ob sie gleich verrutschen und von der Wand fallen. "Meine Bilder verstecken sich nicht, sie wollen alles zeigen und zwar so, dass man die Idee völlig unverstellt vor sich hat." Der Blick hinter die Kulissen ist Programm: die nüchterne Konstruktion verschränkter Aluminiumplatten.
Konkrete Erinnerung
Der Titel klingt rätselhaft. Was ist Arpoador? Ein Vorort von Rio de Janeiro. Frank Stella macht Ferien in Brasilien, und die kleine Halbinsel an der Küste von Arpoador findet Einlass in die Kunstgeschichte. Das Abstrakt-Konstruktivistische der amerikanischen Avantgarde hat hier einen ganz realen Ursprung. Kein Abbild, aber eine konkrete Erinnerung.
Das grün schimmernde Meer wird zur Grundfläche. Expressionistisch aufgetragene Pinselstriche auf glänzendem Aluminium. Monochrom kolorierte Keile bearbeitet Stella mit Metallbürsten. Seine intensiv leuchtenden Farbflächen voller Widerspenstigkeit entziehen der Zweidimensionalität den Boden.
In der Kunstsammlung der Ruhruniversität Bochum hat Frank Stellas "Arpoador II" seinen Platz neben einem Giganten der Antike. Europäische Mythen treffen auf das bunte Panorama amerikanischer Pop Art.
Buchtipp
Frank Stella Connections.
Hatje Cantz Verlag 2011, Preis: 35 Euro
Autorin: Martina Müller