Das Bild zeigt eine Illustration mit Grabsteinen.

Trauerkultur

5 Ideen für den Friedhof der Zukunft

Stand: 14.07.2023, 21:03 Von Karolin Huhn Gedankenspiele

Von Karolin Huhn

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Unsere Trauerkultur ändert sich und damit auch der Friedhof als Ort der Trauer. Einige werden deshalb umgestaltet. Wie denkst du darüber?

Auf vielen Friedhöfen in Deutschland gibt es ungenutzten Platz. Der Grund: Statt eines klassischen Grabes werden inzwischen viele Verstorbene eingeäschert. 2022 waren es mehr als zwei Drittel. Gerade einmal 27 Prozent wurden im Sarg beerdigt.

Diese Entwicklung hat Folgen: Auf deutschen Friedhöfen gibt es viele Freiflächen. Die ersten Friedhöfe werden deshalb bereits umgestaltet. In Soest gibt es beispielsweise ein Café auf einem Friedhof. In Österreichs Hauptstadt Wien ist die Situation ähnlich, auf einem Friedhof werden sogar Tomaten angebaut.

Nicht alle finden solche Umgestaltungen gut. Für viele Menschen bleibt der Friedhof ein Ort der Andacht und der stillen Erinnerung. Eine andere Option wäre deshalb, einen Teil der Fläche umzuwidmen, sodass dort gar kein Friedhof mehr ist. Wie denkst Du darüber? Schreib uns eine E-Mail oder in die Kommentare.

1. Friedhöfe als grüne Oase

Friedhöfe bieten Menschen Orte der Trauer und sind Begegnungsstätte. Wir gehen dorthin, um uns mit Verstorbenen verbunden zu fühlen und um uns an sie zu erinnern. Auf Friedhöfen sind aber auch viele Insekten, Vögel und sogar Eidechsen zuhause. Bepflanzten Gräber, blühende Grünflächen und Bäume bieten für sie einen wertvollen Lebensraum.

Friedhöfe, die das Leben feiern

10:30 Min. Verfügbar bis 30.12.2099

Durch die vielen Grünflächen können Friedhöfe sogar einen positiven Einfluss auf das Klima in Städten haben. Die Bäume spenden einerseits Schatten, andererseits verdunstet Wasser an den Blattoberflächen. Damit können Friedhöfe vor allem in heißen Sommermonaten die nähere Umgebung abkühlen.

Wenn die Friedhöfe naturgerechter gestaltet werden, könnten diese positiven Effekte sogar noch größer werden. Gleichzeitig würde sogar Geld gespart werden. Ein naturgerechter Rasen beispielsweise wird wenig gemäht, nicht gedüngt und spart so Ressourcen.

2. Kindern den Tod erklären: Der Spielplatz auf dem Friedhof

Der „Kinderwelten“-Spielplatz auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe soll Kindern die Gelegenheit geben, sich mit Trauer und Tod auseinanderzusetzen. Der Spielplatz ist zweigeteilt: Auf der einen Seite ist ein gewöhnlicher Spielplatz, auf der anderen Seite lassen sich Schaukeln und Wippen nicht bewegen. Zwischen den Geräten sind Botschaften trauernder Kinder angebracht.

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Das Projekt soll Kinder bei dem Thema “Tod” nicht mehr ausschließen, sondern sie dem Sterben gegenüber sensibilisieren. Kinder sollen so ermutigt werden, Fragen zu stellen und sich mit ihrer Trauer auseinanderzusetzen.

3. Friedhof erleben im Friedhofslabor

Ein Ort für jedermann – das ist die Friedhofsvision eines Steinmetzes aus der Nähe von Stuttgart. In seinem Friedhofslabor möchte er einen Raum schaffen, wo trauernde Menschen ihrer Trauer Ausdruck verleihen können. Egal ob Todesfall oder zerbrochene Beziehung – auf dem Friedhof sind alle willkommen, denen es nicht gut geht.

Friedhof Bänke für Urnen

So könnte sie aussehen: die "Warteabteilung" für Urnen. Hier können Angehörige trauen und sich dann in Ruhe eine Grabstelle aussuchen.

Auf insgesamt 14 Stationen können die Lebenden alle Phasen ihrer Trauer durchlaufen. Hier gibt es einen Bachlauf zum Picknicken, ebenso wie mannshohe Zettelwände, auf denen Trauernde Botschaften hinterlassen können. Und in der Warteabteilung parken Angehörige die Urnen ihrer Liebsten so lange, bis sie wissen, wo und wie sie sie bestatten wollen.

Friedhof Kleine Wasseranlage mit Sitzmöglichkeiten

An diesem kleinen Bachlauf könnten Trauernde sogar picknicken.

Auf dem Gelände des Friedhofslabors selbst werden keine Menschen beerdigt. Hier werden Ideen kreiert und anderen Friedhofsverwaltern vorgestellt – in der Hoffnung, dass sie sie kopieren. Die Eröffnung ist für dieses Jahr geplant.

4. Frische Tomaten von Opas Grab

In Wien hat sich ein Friedhofswärter etwas Besonderes für unbetreute Gräber einfallen lassen. Für 75 Euro im Jahr vermietet er die zweieinhalb Quadratmeter großen Grabflächen als Gemüsegärten. Auf 20 Gräbern wachsen hier unter anderem Kohlrabi, Tomaten und Zwiebeln. Die Gemüsegräber sind hygienisch unproblematisch: mindestens ein Meter Erde liegen zwischen Sarg und Lebensmitteln.

Das Bild zeigt einen Mann, der reife Tomaten auf einem Grab präsentiert.

2022 geht der Friedhofsverwalter noch einen Schritt weiter und gestaltet fünf Grabsteine zu öffentlichen Bücherschränken um. Das soll zum Verweilen einladen und zeigen, dass ein Friedhof mehr sein kann als nur ein Ort zum Trauern.

5. Kaffeekränzchen auf dem Friedhof

Zuerst Blumen an Omas Grab legen, dann zwei Meter weiter Kuchen essen – in Soest ist das normal. Hier hat ein Team aus Ehrenamtlichen ein kleines Café mitten auf dem Friedhof eröffnet. Unterstützt wird es vom Religionskurs der örtlichen Schule. Ganz nach dem Motto ‘von der Gemeinde, für die Gemeinde’ füllt sich der stille Friedhof so wieder mit Leben.

Das Café Kränzchen ist mit seiner Idee nicht allein. In Erlangen bringt ein Lastenfahrrad Kaffee und Kuchen auf den örtlichen Friedhof. Hier werden Friedhofsbesucher:innen sogar gematcht: wer alleine ist, kann sich zu anderen an den Tisch setzen. So geben sich Trauernde gegenseitig Halt.

Kommentare zum Thema

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70 Kommentare

  • 70 Gudrun Flaisch 02.02.2024, 19:02 Uhr

    Sehr interessant. Ich würde gerne so etwas auch bei uns in der Stadt anregen. Wo kann man eventuell Fördermittel beantragen. Wie kann ich die Stadt überzeugen hier umzudenken? Bis zum Jahr 2033 sollen 3 Flächen ABC frei von Grabstätten sein um dann einen neuen Friedhof zu gestalten. Ich wünsche mir schon heute, dass darüber nachgedacht wird, wie man den alten Friedhot zum Park, Biotop usw. umgestalten kann. Gruß gudrun Flaisch

    • kugelzwei 05.02.2024, 10:45 Uhr

      Das hört sich nach einer wirklich schönen Idee an! Auch symbolisch: Ein Park voller Leben, der gut für die Natur ist, wo früher der Tod und die Trauer im Mittelpunkt stand. Das wäre doch eine wirklich schöne Weiternutzung für diesen Ort. Liebe Grüße vom kugelzwei-team

  • 69 M. 09.08.2023, 04:08 Uhr

    Ich finde gerade die Ruhe auf einem Friedhof sehr angenehm. Für mich wäre es sehr befremdlich wenn dort ein Spielplatz entstehen würde. Lieber sollte man mehr Sitzgelegenheiten schaffen, Oasen der Ruhe und Besinnlichkeit. Das ist gerade für die Menschen wichtig die jemanden verloren haben. Einfach dort sitzen und innehalten. Ein letzter Ort der Ruhe. Wer Rummel haben möchte kann woanders hingehen. Und ein Spielplatz? Wenn man hört und auch sieht was sich heutzutage so auf einem Spielplatz trifft (besonders Abends und in der Nacht) das ist ja direkt eine Einladung. Und Gemüseanbau auf dem Friedhof geht garnicht.

  • 68 Anonym 06.08.2023, 13:41 Uhr

    Der Friedhof sollte ein öffentlicher Park werden.

    • Anonym 11.10.2023, 11:19 Uhr

      halloo. ich finde das auch gut

  • 67 Anonym 06.08.2023, 13:40 Uhr

    Der friedhof sollte ein öffentlicher Park werden.

  • 66 Architekt 06.08.2023, 13:13 Uhr

    Friedhöfe sind die Wohnstädte unserer Lieben die von uns gegangen sind. Nach der alten Tradition (Hygiene) werden Verstorbene in eine 2m tiefe Grube gelegt, und dann mit Erde zugeschüttet. Für mich ist das abwertend, weil man mit dem Abfall dasselbe auch tut. Es ist mir schwehr meine vrstorbene Eltern, mit denen ich glückliche und liebevolle Zeit verbracht habe, als Abfall zu vertshen. Stört mich auch vor Ihrem Grab zu stehen und Sie unter meinen Füssen zu haben. Neue Friedhöfe sollen für Verstorbene Hochhäuser haben, wo wir unsere Verstorbene besuchen in der Höhe, mit dem Blick und Gedanken nach oben - Richtung Himmel und unter den Sternen wo sich die Seelen unserer Lieben jetzt befinden. Und nicht mit dem Blick nach unten und abwertend unter unseren Füßen. Außerdem, Friedhöfe sind zwar Gärten aber der Natur entrissen. Allein 7 Friedhöfe in Köln beanspruchen 3 Millionen m² Fläche. Diese brauchen aber die noch Lebenden für ihre fehlende Wohnstädte.

  • 65 Silvia 06.08.2023, 11:58 Uhr

    Friedhöfe als Ackerfläche finde ich makarber... so sollte es meiner Meinung nach nicht sein... dann lieber Wildblumen etc.

  • 64 Angela 06.08.2023, 09:26 Uhr

    Friedhöfe sind Orte des Gedenkens, der Trauer, der Zwiesprache und auch der stillen Tränen . Ein Kinderspielplatz , ein Cafe ?? Ihr seid nicht ganz dicht !!! Stellt euch eine trauernde Witwe vor, oder ein Elternteil das gerade sein Kind verloren hat ... die sollen eventuell dann in Deckung gehen um einem Spielball auszuweichen ?? Schickt die Kleinen in den Kindergottesdienst, da kriegen se alles gelernt von Menschen die sich damit auskennen . Ein fester Glaube ist die Grundfeste im Leben , wenns mal nicht so läuft und auch sonst keiner da ist .

    • Lieschen 08.08.2023, 18:08 Uhr

      Sorry, das kann ich mir jetzt nicht verkneifen: ordentliches Deutsch bekamen "Se" im Kindergottesdienst offenbar nicht "gelernt". Und was immer da auch gelehrt wird - Sie haben schon mitbekommen, dass immer mehr Menschen nicht in einer Kirche sind und ihre Kinder sicher nicht zum Kindergottesdienst schicken werden um über Trauer zu reden. Ich möchte nicht dass mein Kind hört, das war dann Gottes Wille etc.

  • 63 Johanna 06.08.2023, 07:08 Uhr

    Also ich finde, ein Friedhof ist ein Ort zum Trauern und um Ruhe zu finden, da finde ich es nicht gut das da auch noch Hektik und Aktion herrscht. Ich habe zwei Kinder verloren und will sicher nicht das da einer auf den Gräbern rum tanzt

  • 62 Eule 06.08.2023, 00:13 Uhr

    Die idee mit dem Spielplatz schreckt mich ab u. empfine ich total unangemssen.Klar begreifen Kinder den tod anders als erwachsene , aber die Idee mit dem spielplatz führt eher zu mangelnden Respekt im umgang mit Tod, Verderben. Das Friedhofslabor finde ich auch nicht gut. Klar tod macht viele neugierig aber wenn man sich derart fiktiv damit beschäftigt, erdachte Welten schafft bringt es glaube ich auch nichts.

  • 61 Maritta C. 05.08.2023, 22:28 Uhr

    Trauerkultur hat sich verändert, seit es die Menschheit gibt. Friedhöfe sind immer ein Spiegel der Zeit. Ist es nicht besser, sie zeitgemäss zu nutzen, statt sie einfach aufzugeben? Ich wohne in einer kleinen, sehr bekannten Stadt im Harz. Hier ist das Problem des Abwanderns der jüngeren Generation und der daraus resultierenden Überalterung und schliesslich des Bevölkerungsschwunds akut. Demzufolge werden bis 2050 fast alle alten Friedhöfe geschlossen. Teilweise 250 Jahre alte Grabmale und Grüfte werden verfallen und mit ihnen ein Teil unserer Geschichte. Auch die Orte der Stille und weitgehend ungestörten Natur gehen einem ungewissen Schicksal entgegen. Als Bauland darf man die oft wunderschön gelegenen Orte nicht nutzen- bis man vielleicht (was Gott verhüten möge!) mit ein paar Tricks die Gesetze ändert? Also was tut man mit diesen Orten, die so gar keinen in der heutigen Gesellschaft messbaren Nutzen mehr haben, also keinen finanziellen Gewinn abwerfen? Neue Wege-sind gut!

  • 60 Loni 05.08.2023, 21:55 Uhr

    Ein Friedhof sollte ein ruhiger, besinnlicher Ort sein, friedlich eben. Einen Kinderspielplatz oder ein Café einzurichten, finde ich absurd! Es gibt Trauergruppen, der Kirchengemeinden an anderen Orten. Wie soll man in Ruhe beten und der Verstorbenen gedenken, wenn nebenan Kinder toben oder sich die Leute zum Kaffeeklatsch treffen? Gemüseanbau auf dem Friedhof ist der Gipfel der Geschmacklosigkeit! Die Urnenbestattung ist auch der Tatsache geschuldet, dass Bestattungen in Deutschland immense Kosten verursachen. Ich habe für das Grab meiner Eltern, mit Grabpflege und Grabstein, ca. 15.000 Euro bezahlt. Es gibt viele Menschen, die sich eine Erdbestattung ihrer Angehörigen nicht leisten können!