- Sendehinweis: Heimatflimmern | 7. Januar 2022, 21.00 - 21.45 Uhr | WDR
Mächtige Strommasten, die wie Streichhölzer umgeknickt sind - diese Bilder vom Schneechaos 2005 haben sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt. Es war die größte Energiekrise in der Geschichte der Bundesrepublik. Ihr Zentrum: das Münsterland.
Die einen sprechen von der "schlimmsten Schneekatastrophe der Nachkriegszeit", die anderen vom "größten Blackout der Bundesgeschichte". Das Schneechaos im Münsterland 2005 war vor allem eines - eine Naturkatastrophe, bei der durch extremen Schneefall 250.000 Menschen vom Stromnetz und damit von der Außenwelt und modernem Komfort abgeschnitten wurden. Die Dokumentation erzählt von den Auswirkungen auf Mensch, Tier, Natur und Technik.
Eine Milliarde Tonnen Neuschnee
Ein gewaltiger Schneesturm sorgte am 25. November 2005 für die unglaubliche Masse von einer Milliarde Tonnen Neuschnee. Auf den glatten Straßen kam es zu kilometerlangen Staus. Menschen waren über Stunden in den Autos gefangen, Hilfskräfte steckten zunächst selbst im Schnee fest. Züge blieben mitten auf der Strecke stehen, Flughäfen wurden gesperrt. Nichts ging mehr.
Bis zu sechs Tage ohne Strom
Aber das war nicht das Hauptproblem. Der besonders nasse und schwere Schnee legte sich wie ein Panzer um die Stromleitungen. Seile rissen, Strommasten knickten zusammen, zerrten in einem Dominoeffekt ganze Trassen mit sich. Schon am Mittag kam es im Münsterland zu ersten Stromausfällen. Die erste Bilanz der Krisenstäbe: 82 Strommaste waren umgeknickt. Im Zentrum der Krise stand der 19.000-Einwohner-Ort Ochtrup. Sechs Tage waren die Menschen hier ohne Strom.
Not vor allem bei den Landwirten
Kaum jemand traf es so hart wie die zahlreichen Landwirte im Münsterland. Ihre Kühe brüllten vor Schmerzen, da die Melkmaschinen nicht funktionierten. Kälber drohten mangels warmer Milch zu verhungern, Ferkel erfroren ohne Wärmelampen. Dennoch haben die Münsterländer das Schneechaos auch in guter Erinnerung: Es war die Zeit der Hilfsbereitschaft. Die Menschen rückten zusammen und kümmerten sich um ältere oder hilfsbedürftige Nachbarn.
Umgeknickte Stromleitungen – heute undenkbar?
Noch ein Jahr beschäftigte die Gerichte die Frage, wer für den Schaden von 100 Millionen Euro aufkommen soll. Klagen gegen den Stromversorger RWE, die Stahlmaste seien teilweise alt und spröde gewesen, kamen nicht gegen den Einwand der höheren Gewalt einer Naturkatastrophe an. Denn eine Belastung wie 2005 im Münsterland würden auch heutige Stromleitungen nicht aushalten.
Autor: Lothar Schröder und Constanze Klaue
Redaktion: Lena Brochhagen, Adrian Lehnigk