Die Rückkehr der Autokinos

Stand: 22.06.2020, 17:14 Uhr

Sie waren so gut wie ausgestorben – jetzt erleben Autokinos in ganz Deutschland ein großes Comeback. Durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie blieben die Kinosäle geschlossen. Unter freiem Himmel aber dürfen die Leinwände flimmern.

Zuletzt gab es gerade mal noch zwei Autokinos in Nordrhein-Westfalen, Randexistenzen im Schatten der großen Multiplexhäuser. Doch schon nach gut zwei Monaten wurde der einhundertste Antrag in Nordrhein-Westfalen genehmigt. Aus großen Park- oder Schützenplätzen entstanden schnell Autokinos. 

Industrie und Kultur: Jana Heising betreibt ihr Autokino vor beeindruckender Kulisse. | Bildquelle: WDR / Oliver Schwabe

Der Parkplatz des Flughafens Paderborn-Lippstadt ist ein idealer Standort und die schönste Kulisse bietet vielleicht das Autokino auf Phoenix-West in Dortmund: Hinter der Leinwand erhebt sich der bunt beleuchtete ehemalige Hochofen inklusive Sonnenuntergang vor beeindruckender Industriekulisse. Das Publikum hat ein sicheres Gefühl in den eigenen vier (Blech-) Wänden, gelebtes „Social Distancing“ im eigenen Auto, aber doch innerhalb einer Kino-begeisterten Gemeinschaft.

Neue Technik und alte Erinnerungen

Während der Ton früher aus Lautsprecherboxen kam, die ins Auto gehängt wurden, kommt er heute über eine eigene UKW-Frequenz. 6.000 Watt starke Beamer werfen die Filme auf bis zu 540 qm große Leinwände. Lichtstarke LED-Wände erlauben sogar Vorstellungen bei Tageslicht.

Geschenkidee mit Erinnerungen: Antje Heel mit ihrer Mutter Ursula Watermann zum Muttertag im Autokino. | Bildquelle: WDR / Oliver Schwabe

Für viele Gäste ist es der erste Besuch dieser Art, andere haben dem Autokino über Jahrzehnte die Treue gehalten. Da werden Erinnerungen an spannende Filme, erste Küsse und beschlagene Fenster im Käfer wieder lebendig. „Die Rückkehr der Autokinos“ begibt sich an die ausgefallensten Orte und zeigt auch den Reiz der beiden Kinos in Köln und Essen, die es schon immer gab.

Aus der Vergessenheit geholt

Die Attraktion „Autokino“ kam 1961 aus den USA, zunächst nach Frankfurt. 1967 und 1968 eröffneten dann die Spielstätten in Köln-Porz und Essen. Das Konzept passte in die Zeit. Die Motorisierung der Deutschen stieg stetig an. Sie konnten so in ihrem liebsten Statussymbol ohne lästige Parkplatzsuche ihre Lieblingsfilme sehen.

Regelmäßiges Treffen: Oltimerfans im Autokino Essen. | Bildquelle: WDR / Oliver Schwabe

In Zeiten der Pandemie macht das Autokino heute auch erfinderisch: Die Kölner Band BRINGS spielte das weltweit erste Konzert in einem Autokino. Zusammen mit DJ „Alle Farben“ feierten die Fans eine Techno-Party in Düsseldorf. Hupen und Blinken statt Tanzen und Springen.

Faszination mit Kultpotenzial

Die Dokumentation zeigt in eindrucksvollen Bildern, Luftaufnahmen und Zeitraffersequenzen die Faszination eines wiederentdeckten Phänomens:

Autokino Köln-Porz: Großer Andrang schon Stunden vor Beginn des Brings-Konzerts. | Bildquelle: WDR / Eduard Bopp

Wenn sich der Abendhimmel hinter der Leinwand rot verfärbt und die lichtstarke Projektion Reflexe auf die vielen Gesichter hinter den Windschutzscheiben der Autos wirft, vergessen die Zuschauer für kurze Zeit auch den Grund für den aktuellen Boom der Autokinos.

Ein Film von Oliver Schwabe
Redaktion: Adrian Lehnigk