Das grüne Herz Westfalens – Ein Wald im Wandel

Stand: 17.03.2021, 11:45 Uhr

Siegen-Wittgenstein – das ist der waldreichste Kreis in ganz Deutschland. Fast drei Viertel sind von Wald bedeckt. Hier kommen auf jeden Bewohner rund 3000 qm Wald. Die Menschen hier leben seit Jahrhunderten von und mit dem Wald.

Der Wald ist Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten, Rückzugsgebiet, aber auch Wirtschaftsfaktor für tausende von Waldbesitzern. Doch der Wald ist in Gefahr: der Klimawandel – Hitze, Trockenheit, Stürme – und vor allem der Borkenkäfer machen ihm das Überleben schwer.

Wald-Verantwortung: Försterin Ann-Sophie Bilsing ist eine der jüngsten Revierleiterinnen Nordrhein-Westfalens. | Bildquelle: WDR/Marc Francke, Pharemedia UG

Einen Sommer lang beobachten wir das Leben in den Wäldern des Rothaargebirges zwischen dem Sauerland im Norden und dem Westerwald im Süden. Und lernen Menschen kennen, die ihre ganze Kraft dafür einsetzen, den Wald gesünder und stärker zu machen, um ihn für die Zukunft zu erhalten. Menschen wie die junge Försterin Ann-Sophie Bilsing, die seit 2020 ein eigenes Revier betreut.

Menschen, wie den Forstingenieur Adrian Busch. Er setzt auf "Waldwirtschaft 4.0" und hat die digitale Technik in den Wald gebracht. Sie macht es möglich, zu fällende Bäume genau zu erfassen und die mächtigen Holzernte-Maschinen exakt und damit waldschonender zu steuern.

Zurück im Wald: Die einzige wilde Wisentherde Westeuropas lebt in Wittgenstein. | Bildquelle: wdr

Im Rothaargebirge koordiniert Kaja Heising ein Projekt, das ganz besondere Tiere hier ansiedeln will: Wisente. Einst durchstreiften die Wildrinder die Wälder in ganz Europa, doch seit 100 Jahren galten sie in Freiheit als ausgestorben; nur in Zoos und Gehegen lebten noch wenige Tiere. 2013 wurden acht Wisente in Siegen-Wittgenstein ausgewildert; heute ist diese einzige freilebende Wisentherde Westeuropas auf zwei Dutzend Tiere angewachsen. Weitere Tiere leben in einem eingezäunten Gehege am Rothaarsteig.

Die Menschen von Siegen-Wittgenstein haben seit Jahrhunderten im Wald ihre Spuren hinterlassen – sie haben ihn bearbeitet, gerodet und wieder aufgeforstet. Als Waldgenossenschaften in der traditionellen Haubergswirtschaft, die den Brennstoff lieferte für die vielen Eisenhütten der Region.

Letzte Wald-Ruhe: In Bad Laasphe entstand einer der ersten Friedwälder Deutschlands. | Bildquelle: WDR/Marc Francke, Pharemedia UG

In den benachbarten Fürstenwäldern Wittgensteins setzte man dagegen auf die schnell und gerade wachsenden Fichten. Sie lieferten das perfekte Bauholz für die industrielle Verarbeitung. Eben diese Fichten leiden jetzt besonders unter Trockenheit und Borkenkäfer. Der Wald muss sich wandeln, um zu überleben.

Doch die Wälder Siegen-Wittgensteins stehen nicht zum ersten Mal vor einer großen Herausforderung: Schon vor fast 300 Jahren war der Wald in weiten Teilen der Region fast verschwunden. "Rothaargebirge": Das kommt von "Rod Hardt", "gerodeter Bergwald".

"Kultur-Frauen": Elke Bäcker-Heuel und Iris Imhof kümmern sich noch heute um den Wald-Nachwuchs. | Bildquelle: WDR/Marc Francke, Pharemedia UG

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg waren weite Flächen kahlgeschlagen – unter anderem, weil das Geld aus dem Holzverkauf für die Reparationszahlungen an die Alliierten gebraucht wurde. Damals schlug in ganz Deutschland die Stunde der "Kulturfrauen". Sie forsteten auf, wo der Kahlschlag leere Flächen hinterlassen hatte.

Dafür wurde ihnen ein kleines "Denkmal" gesetzt: Das Bild auf der Rückseite der ehemaligen 50-Pfennig-Münze zeigt eine Kulturfrau mit einem jungen Baumschößling. Zwei dieser Kulturfrauen arbeiten immer noch im Fürstenwald der Familie Sayn-Wittgenstein-Berleburg.

Ein Film von Katja Debus und Katrin Buhbut
Redaktion: Monika Pohl