Docupy: Lösungsansatz - Der Staatsfonds WDR 07.05.2018 00:45 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR

Lösungsvorschlag: Staatsfonds

Stand: 04.05.2018, 16:14 Uhr

Die Finanzwirtschaft ist mittlerweile viermal so groß wie die Realwirtschaft. Im Interview mit „docupy“ erklärt Hans-Jürgen Jakobs, der Kapitalismus lasse sich nicht zurückdrehen, man könne ihn aber positiv beeinflussen, wie das zum Beispiel beim norwegischen Staatsfonds passiere.

Wie funktioniert der Norwegische Staatsfonds?

Norwegen, ein Land mit gerade einmal gut fünf Millionen Einwohnern, hält den größten Staatsfonds der Welt. Ende der 1960er-Jahre wurde in Norwegen ein Ölfeld entdeckt, welches das Land zum größten Öl-Exporteur Westeuropas machte. Der Staat hat die Erlöse des Öl- und Gasverkaufs über die letzten Jahrzehnte hinweg in einem Fonds gesammelt. Der Fonds beläuft sich aktuell auf 8323 Milliarden Norwegische Kronen, etwa 832 Milliarden Euro. Die größten Staatsfonds der Welt halten nach Norwegen folgende Länder: China, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Kuwait.

Der Fonds soll den Reichtum des Landes sichern, für Zeiten, in denen die Ressource Öl knapp wird, und soll zukünftigen Generationen eine Art Versicherung bieten. Bei seinen Investitionen verfolgt der von der norwegischen Zentralbank betreute Fonds den Grundsatz: Erträge erzielen, und das bei möglichst kleinem Risiko, zum Beispiel durch eine breite Streuung der Investitionen. Die Gelder werden in Aktien, Anleihen und Immobilien investiert. Sein Ertrag liegt heute bei durchschnittlich fast 10.000 Euro im Jahr pro Bürger. Den Norwegern ist es allerdings nicht möglich, sich dieses Geld auszahlen zu lassen.

Die Idee ist eine andere: Die norwegische Regierung darf von den Erträgen jedes Jahr vier Prozent ausgeben. Der Rest des Fonds soll erhalten bleiben, bis 2060, wenn die Gas- und Ölquellen voraussichtlich versiegen. Dann soll er die Einnahmen aus den Rohstoffen ersetzen. Das ersparte Vermögen ist bis dahin unantastbar.  

Ein Ethikrat kontrolliert die Investitionen des Fonds, es gibt eine schwarze Liste mit Unternehmen, in die nicht investiert werden darf. Zum Beispiel investiert der Fonds nicht in Kohle, nicht in Unternehmen, die Massenvernichtungswaffen herstellen, die Umwelt zu sehr verschmutzen oder gegen die Menschenrechte verstoßen.

Norwegen hat durch den Fonds eine große Macht auf dem Finanzmarkt und mischt in der Verteilung der globalen Geldströme aktiv mit. Trotz Ethikrat tauchen auf der Liste der Firmen (insgesamt rund 9000), an denen der Staatsfonds Anteile hält, allerdings Namen wie Nestlé und Shell auf, die u.a. für Natur- und Umweltverschmutzung verantwortlich gemacht werden.

Wie wäre der Staatsfonds in Deutschland aufzustellen, ohne die großen Ölreserven? Deutschland könnte zum Beispiel seinen Haushaltsüberschuss und neue Kredite nutzen, um auf ein ähnliches Niveau wie in Norwegen zu kommen.

Würden beispielsweise 30 Milliarden erwirtschafteter Überschuss und 70 Milliarden Kredite in einen Fonds investiert und würde dieser dann, wie der norwegische, im Schnitt sechs Prozent jährlich erwirtschaften, könnte man nach zehn Jahren 80 Milliarden Euro jährlichen Gewinn verzeichnen – theoretisch 1000€ pro Bürger.