Wie klappt's mit dem Stromversorger?

Stand: 29.03.2016, 18:15 Uhr

Wie findet man den besten Stromtarif und worauf muss man bei der Auswahl und einem möglichen Wechsel als Verbraucher achten? Jürgen Schröder ist Jurist für Energierecht und arbeitet bei der Verbraucherzentrale NRW. Hier beantwortet er Ihre Fragen.

Wie mehrere andere Zuschauer berichtet uns auch Stefan Holzhauser auf der Facebook-Seite der Aktuellen Stunde über fehlende Transparenz in Sachen Anbieterwechsel was den Nachtstrom angeht. So klagt Stefan Holzhauer konkret: "Es klappt überhaupt nicht. Ich bin dem lokalen Anbieter (der sich an einen Stromriesen verkauft hat) auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Denn welcher alternative Anbieter kann den Nachtstromtarife anbieten?"
Das Problem sei der Zähler. Je nach dessen Konfiguration böten die Anbieter keine alternativen Tarife an. Und auch Gisela Deppe berichtet, sie habe wegen des Nachtstroms zwei Zähler. Einen günstigen Anbieter, der beides, also sowohl Nacht- als auch Tagstrom liefert, habe sie bisher nicht finden können.

Frage: Gibt es tatsächlich keinen Stromversorger, der beides günstig abdeckt, bzw. wie könnte man einen solchen leichter finden?

Jürgen Schröder: Eine Darstellung der Problematik finden Sie auf unserer Homepage. Jeder Verbraucher, der einen eigenen Zähler hat, kann auch einen eigenen Stromliefervertrag abschließen. Hat man zwei getrennte Zähler für Heizstrom und Haushaltsstrom, werden beide Stromarten getrennt gemessen. Der Anbieterwechsel des Heizstromtarifs unabhängig vom Haushaltsstrom sollte dann kein Problem sein, da man für jeden Zähler separat den Anbieter wechseln kann. Generell ist das Angebot für Heizstrom aber noch geringer als das für Haushaltsstrom, aber schon deutlich besser als noch vor drei Jahren.

Es kann sein, dass ein Anbieter nur Heizstrom liefert, wenn man gleichzeitig bei ihm auch den Haushaltsstrom bezieht, aber das ist eher die Ausnahme. Verivox bietet einen Preisvergleich für solche Tarife mit getrennter Messung. Beim Verivox-Preisvergleich ist folgendes zu beachten: Um im Verivox-Heizstrom-Preisvergleich alle enthaltenen Anbieter vergleichen zu können, müssen die Voreinstellungen geändert werden. Die "direkte Wechselmöglichkeit über Verivox" muss deaktiviert werden, damit alle Tarife angezeigt werden. Detaillierte Hinweise für den Umgang mit Tarifrechnern finden Sie auf unserer Internetseite:

Hat man nur einen Stromzähler, handelt es sich um eine gemeinsame Messung. Hier kann man den Anbieter nur komplett wechseln, weil der Wechsel immer an eine konkrete Zählernummer gebunden ist. Die Anzahl der Anbieter ist noch recht begrenzt. Herkömmliche Tarifrechner bieten zu Tarifen mit gemeinsamer Messung noch keinen Preisvergleich an. Die VZ NRW hat jedoch zum einen eine Anbieterliste für die gemeinsame Messung (siehe obigen link). Zum anderen bietet die VZ NRW auch in einigen Beratungsstellen eine Beratung zum Anbieterwechsel für Heizstrom an (siehe obigen Link). In allen Beratungsstellen kann man sich zum Anbieterwechsel für Haushaltsstrom beraten lassen.

Matthias Buetow ist fassungslos über die langen Bearbeitungszeiten, die sich Stromversorger leisten. So hat er nach einem Wechsel auf die Endabrechnung des alten Anbieters 14 Wochen warten müssen und das auch erst nach Fristsetzung seinerseits. Doch nun seien weitere sechs Wochen vergangen und er verzeichnet noch immer keinen Zahlungseingang. Er fasst zusammen: "Wahrscheinlich erst wieder nach Fristsetzung und Androhung der Meldung an die Schlichtungsstelle." Matthias Buetow ist nicht der einzige Zuschauer der über eine derart lange Abwicklung klagt.

Frage: Auch wenn es so gut wie keine Zinsen mehr gibt, kann man sie aus Prinzip anfordern oder eine andere Form der Entschädigung?

Jürgen Schröder: Energielieferanten sind nach § 40 Abs. 4 EnWG verpflichtet, Verbrauchern die Jahres- bzw. Schlussrechnung innerhalb von sechs Wochen nach Beendigung des abzurechnenden Zeitraum zuzusenden. Verletzt der Lieferant diese Pflicht, kann der Kunde durchaus einen Anspruch auf Schadenersatz haben. Allerdings fragt sich, worin der Schaden bestehen kann. Der Kunde muss ggf.eine genauen Betrag darlegen. Denkbar wäre vielleicht die Argumentation, man habe aufgrund fehlender Rechnung keine Übersicht über den Preis gehabt und dann einen Anbieterwechsel versäumt. Dann wäre die Differenz zwischen dem derzeitigen Preis und dem Preis bei einem günstigeren Anbieter der Schaden. Entscheidungen sind mit nicht bekannt. Betroffene sollten abwägen, ob sich das Risiko und der Zeitaufwand lohnen. Erfolgt die Rechnung zu spät, sollten sich Verbraucher bei der Bundesnetzagentur und bei der Verbraucherzentrale beschweren. Wir können Verfahren durchführen, was bereits mit Erfolg geschehen ist.

Ein Guthaben aus einer Rechnung ist unverzüglich zu erstatten, spätestens jedoch mit dem nächsten Abschlag zu verrechnen. Auch das haben wir gerichtlich klären lassen.

Peter Eckert hat uns zum Thema Wechsel des Stromanbieters per E-Mail seine Erfahrungen folgendermaßen geschildert: "Nie mehr würde ich den Stromanbieter wechseln, spätestens im dritten Jahr ist er deutlich teurer als der Lokalanbieter. Im ersten Jahr wird man geködert mit billigem Preis. Im zweiten bekommt man noch einen Bonus und wenn man dann kündigt, hängt man ewig lange in Telefon- Warteschleifen. Man muss immer regelmäßig Ausschau nach neuen Anbietern halten. Nie mehr."

Frage: Ist das nur ein Einzelerlebnis, oder sind Ihnen solche Fälle schon mehrfach bekannt geworden?

Jürgen Schröder: Oft rechnet sich ein Bonus für einen Anbieter nur dann, wenn der Kunde mindestens zwei Jahre bei ihm bleibt. Tarife mit Bonus sollte man daher mit Vorsicht genießen. Alles weitere finden Sie hier:

Etwaige Probleme sind aber kein Grund, vor einem Anbieterwechsel zurückzuscheuen. Grundsätzlich sollte jeder Verbraucher sich einmal im Jahr die Mühe machen zu prüfen, ob sein Strom- oder Gastarif noch günstig ist, und ggf. den Anbieter wechseln. Dabei hilft die Verbraucherzentrale. Wer z.B. einen sicheren Wechsel zu Tarifen ohne Bonus bevorzugt oder auch nur beim örtlichen Versorger oder zu einem regionalen Anbieter wechseln will, kann sich bei der Verbraucherzentrale NRW zu solchen Angeboten beraten lassen.