Wer regelt die Sicherheit der Fahrgeschäfte in Freizeitparks und auf der Kirmes?
Achterbahnen gelten in der Bauordnung offiziell als "fliegende Bauten". Für deren Planung, Bau und Betrieb ist eine europäische Industrienorm verbindlich. Hier ist alles festgehalten, vom Aussehen der Haltebügel über die externen Prüf-Intervalle bis zu den Schulungen der Mitarbeiter für den Fall, dass evakuiert werden muss. Zuerst gab es dafür in Deutschland die DIN-Norm 4112, ab 2010 wurden die Regeln laut TÜV EU-weit übernommen, als EN 13814. "Und weil der deutsche Sicherheitsanspruch als vorbildlich gilt, orientieren sich auch Hersteller und Parks weltweit an diesen Vorgaben", erklärt Dr. Thomas Oberst, Pressesprecher beim TÜV Süd in München.
Welche Regeln gelten für einen Stromausfall bei einer Achterbahn?
Für alle Bahnen gilt, dass sie in eine "sichere Situation" gebracht werden müssen – also zum Beispiel nicht über Kopf stehenbleiben. "Das ist aber kein Problem, da ja nur an einzelnen Punkten der Strecke beschleunigt oder gebremst wird", sagt TÜV-Sprecher Oberst. "Ist der Strom weg, nutzt die Bahn den Schwung und hält an der nächsten Bremsstation." Von dort aus führen dann sichere Treppen oder Tunnelgänge wieder zurück zum Boden. Dabei werden die Fahrgäste von geschulten Mitarbeitern angeleitet.
Welche Verantwortung haben die Betreiber der Fahrgeschäfte?
Neben dem Einhalten der jährlichen Prüfintervalle für große Achterbahnen und das Schulen ihrer Mitarbeiter muss es einen täglichen Rundgang geben, bei dem die Technik geprüft wird. Kommt es zum Stromausfall oder einer anderen Störung, muss der Schausteller beziehungsweise der Freizeitpark abwägen, wie es weitergeht. "Ob und wie schnell die Gäste aus der Bahn geholt werden, hängt auch davon ab, wie schnell sie wieder fahren kann", heißt es dazu vom TÜV Süd. Hauptsache, die Bahn ist in der sicheren Position. Wenn klar ist, dass die Fahrt in fünf Minuten fortgesetzt werden kann, kann es sinnvoller sein, die Gäste zu informieren und um Geduld zu bitten. Gratis-Eis, wie am Osterwochenende im Brühler Phantasialand, ist dann eine nette Geste.
Was bedeutet ein solcher Not-Stopp für die Fahrgäste?
Wer grundsätzlich ein mulmiges Gefühl hat, wenn es um die Fahrt mit der rasanten Bahn geht, der erlebt eine besonders schlimme Situation. "Dessen größte Angst ist ja genau das, dass plötzlich etwas Unerwartetes eintritt", erklärt der Diplom-Psychologe Ingo Bögner. Er behandelt unter anderem Menschen mit Panikstörungen und Phobien. "Es ist das bedrohliche Gefühl, nicht mehr die Kontrolle über das zu haben, was geschieht."
Der psychologische Notkoffer
Angst ist ein instinktives Schutzprogramm, das uns helfen soll, eine Gefahr zu überstehen. Der Diplom-Psychologe Bögner kennt aber ein Erste-Hilfe-Paket, das man in der Panik-Situation anwenden kann:
- Ruhig weiter Atmen, dabei länger aus- als einatmen.
- An den anderen Menschen orientieren. Wie verhalten sie sich? Vermutlich ruhiger und gelassener.
- Über die Situation reden, sich von anderen dabei beruhigen lassen.
- Progressive Muskelentspannung nutzen: Wer abschnittsweise seinen Körper an- und wieder entspannt, erfährt dabei, dass er Kontrolle über sich hat. Das beruhigt. Fäuste ballen, Bauch anspannen und so weiter. Das Ganze ein bis zwei Mal wiederholen.
Wie kann ich Angst vor der Achterbahn sinnvoll angehen?
Nehmen Sie sich auf jeden Fall Zeit. Schnelle Schocktherapien oder einmalige Hypnose sind aus Sicht des Kölner Psychologe Ingo Bögner nicht geeignet. Er selbst hat einen Patienten mit massiver Höhenangst, den er nun schrittweise an ihm unangenehme Situationen gewöhnt: "Als er noch ein Kind war, hat sein älterer Bruder in der Achterbahn extra wild geruckelt. Diese Angst sitzt tief und kann nur behoben werden, wenn alle Aspekte einzeln in Ruhe betrachtet werden. "Der Mann hat schon Schweiß auf der Stirn, wenn er bei mir im zweiten Stock aus dem Fenster blickt", sagt Bögner. Bis es ein solcher Patient in die Nähe eines Fahrgeschäfts schafft, dauert es mitunter Monate.