Interview zum Fall Tebartz-van Elst

"Absetzung auf Raten"

Stand: 23.10.2013, 17:54 Uhr

Der Papst hat entschieden: Bischof Tebartz-van Elst muss sich eine Auszeit nehmen, bleibt aber im Amt. Einen Rauswurf hat's im Bistum Limburg aber dennoch gegeben, weiß WDR-Religionsexperte Theo Dierkes zu berichten.

WDR.de: Die Eilmeldungen lauten auf den ersten Blick unterschiedlich: Bischof Tebartz-van Elst bleibt im Amt; er wird suspendiert; er erhält einen Generalvikar zur Seite gestellt. Was gilt denn nun?

Theo Dierkes: Das ist nicht der erwartete Rausschmiss des Bischofs, keine Suspendierung und keine Versetzung in die Wüste. Franz-Peter Tebartz-van Elst bleibt offiziell Bischof von Limburg - allerdings nur bis auf weiteres. Der Papst gewährt ihm eine Auszeit außerhalb der Diözese. Das heißt aber: "Vorerst kehrst Du nicht in Dein Palais zurück!" Eine Horrorvorstellung für die Kirche, ihn über Demonstranten hinweg wieder einziehen zu sehen in sein prachtvoll-schlichtes Bischofspalais. Das soll es nicht geben. Eine klare Ansage also.

Noch deutlicher ist aber, dass die Diözese ab sofort einen neuen Generalvikar bekommt, also einen Verwaltungschef. Das heißt: der alte ist entlassen - und zwar fristlos. Ein Rausschmiss für den Tebartz-Vertrauten und bisherigen Generalvikar Franz Kaspar, der eigentlich noch bis Januar weitermachen sollte.

Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Zum einen kommt der Bischof erst einmal nicht zurück und zum anderen nimmt ein vollwertiger Vertreter dessen Position ein. Der neue Generalvikar Wolfgang Rösch, der bereits für Januar angekündigt war, bekommt nun Bischofsvollmacht. Das ist ganz entscheidend: Der kann, wenn es nötig ist, im Bistum Limburg wichtige Entscheidungen fällen – also anfangen aufzuräumen.

WDR.de: Schiebt der Vatikan die Entscheidung damit auf die lange Bank?

WDR-Religionsexperte Theo Dierkes | Bildquelle: wdr

Dierkes: Es scheint mir eine Absetzung auf Raten zu sein. Aber auch Bischof Tebartz soll ein gerechtes und kein überstürztes Verfahren bekommen. Der Vatikan lässt sich nicht drängen, weder durch die Medien noch die Öffentlichkeit. In der Pressemitteilung, dem offiziellen so genannten Bollettino, wird ausdrücklich gesagt, dass abgewartet wird, wie die Untersuchung der Kommission der Bischofskonferenz ausfällt. Sie soll das persönliche Finanzgebaren des Bischofs und die Finanzen im Bistum Limburg im Zusammenhang mit dem exorbitanten Neubau des Bischofshauses untersuchen.

Außerdem wartet der Vatikan auf die Entscheidung aus Hamburg. Dort hat die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen Tebartz-van Elst beantragt - wegen einer uneidlichen Falschaussage im Falle des Erste-Klasse-Fluges nach Indien. Wenn der Strafbefehl tatsächlich erlassen wird, ist das wieder eine neue Lage.

WDR.de: Was bedeutet die Haltung des Vatikans für die deutschen Bischöfe, die sich teilweise deutlich gegen Tebartz-van Elst positioniert haben?

Dierkes: Die deutschen Bischöfe haben ganz klar recht bekommen. Der Bischof von Trier, Stephan Ackermann, der Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, und auch der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hatten deutlich gemacht: "Von der Situation in Limburg ist die ganze Kirche betroffen. Der Bischof kann objektiv nicht mehr regieren." Genau das wird jetzt vom Vatikan bestätigt, indem er von seinem Bischofssitz ferngehalten wird.

Die andere Position, dass dies alles nur eine Meinungsmache der Medien ist – davon finden wir in der päpstlichen Pressemitteilung nichts.

WDR.de: Diese andere Position wurde vor einigen Wochen auch noch vom Kölner Kardinal Joachim Meisner vertreten. Ist die päpstliche Entscheidung eine Schlappe für ihn?

Erzbischof Joachim Kardinal Meisner (r.) und Franz-Peter Tebartz van-Elst | Bildquelle: dpa

Dierkes: Kardinal Meisner hat sich in der letzten Zeit nicht mehr zu Tebartz-van Elst geäußert. Zum Kölner Bistumsjubiläum vor gut drei Wochen waren die beiden noch zusammen bei der Feier im Kölner Dom. Danach hat Meisner nicht mehr klar Stellung gegen die Berichterstattung bezogen. Ganz anders als die Nummer drei im Vatikan, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller: Dieser hat sich auch noch hinter Tebartz-van Elst gestellt, als bekannt wurde, dass die geplanten Baukosten für den neuen Limburger Bischofssitz um ein Vielfaches gestiegen sind.

WDR.de: Wie geht es nun aus Ihrer Sicht weiter?

Dierkes: Ich gehe davon aus, dass der Strafbefehl aus Hamburg kommt, und dass die Fachleute der Bischofskonferenz ein relativ vernichtendes Gutachten erstellen werden. Tebartz-van Elst hat in seinem Bistum zu seinen eigenen Gunsten gebaut, nicht für die Allgemeinheit. Wie viel Geld er da ausgegeben hat, wird aber wohl nicht zu einem strafrechtlichen Problem werden: Das darf er rein rechtlich.

Nach meiner Einschätzung ist es jedoch innerkirchlich nicht möglich, einen Bischof im Amt zu halten, der wiederholt in Pressemitteilungen und vor Gericht die Unwahrheit gesagt hat. Seine Glaubwürdigkeit ist nicht nur angekratzt, sondern fast völlig dahin. Dass Tebartz-van Elst wieder ins Bistum zurückkommt, halte ich für völlig unwahrscheinlich. Bis allerdings die letzte Entscheidung fällt, kann es noch Wochen und vielleicht sogar Monate dauern.

Das Gespräch führte Dominik Reinle.