Der siebenjährige Jonathan ruht sich in einer Hängematte aus. Schließlich ist er schon zehn Tage lang an Bord, hat in Jugendherbergen und Gemeindehäusern übernachtet. Jonathan hat die gesamte Pilgerfahrt zum Evangelischen Kirchentag mitgemacht. "Ich hatte keine Wahl", sagt er. Klar: Seine Mutter ist eine der Organisatorinnen.
Am 16. Mai (Christi Himmelfahrt) ist Jonathan an der Neckarquelle in Villingen-Schwenningen aufgebrochen. "Da stand auf einem Schild: 'Kein Trinkwasser'". Denn der Neckar ist gleich an seinem Ursprung stark belastet. Später hat Jonathan auf dem Fluss mit dem Schlauchboot gepaddelt. Mit dabei waren die Umweltministerin und der Landwirtschaftsminister von Baden-Württemberg. Ab Stuttgart ging es dann bequemer mit dem Motorschiff "Heidelberg". "700 Kilometer, die fährt man mit dem Auto in einem Tag", weiß Jonathan.
EinFluss erfahren auf zwei Flüssen
Die Pilgerfahrt steht unter dem Motto "EinFluss erfahren". Organisiert hat sie die Landeskirche von Baden-Württemberg unter dem Dach des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK). Streng genommen haben die 20 bis 30 Dauerteilnehmer der Tour ja zwei Flüsse befahren. Aber dem doppelsinnigen Titel geht es auch um unseren Einfluss auf den Umgang mit Wasser, zu Hause und global. Darüber gibt es eine Ausstellung an Bord, für die zahlreichen Tagesgäste, die einzelne Etappen mitreisen, und für die Besucher an den Anlegestellen. Kinder können hier unter einem Mikroskop das Flusswasser untersuchen. Im Gebetsraum am Bug stehen Gefäße, unterschiedlich mit Wasser gefüllt. Partner aus 22 Ländern haben sie in Heidelberg an Bord der "Heidelberg" gebracht und zeigen damit, wie viel Wasser einem Menschen in ihrer Heimat pro Tag zur Verfügung steht. Das Gefäß Deutschland ist fast bis oben hin voll, das von Ghana daneben nahezu leer.
Wer badet den Klimawandel aus?
Um 14.30 Uhr ist es mit Jonathans Ruhe in der Hängematte vorbei. Die "Heidelberg" legt in Bonn ab zu ihrer letzten Etappe. Auf dem Sonnendeck findet Jonathan eine andere Gelegenheit zum Liegen. Da steht eine alte Metall-Badewanne. Vertreter des Evangelischen Entwicklungsdienstes (eed) haben sie in Bonn an Bord gebracht. Sie ist Teil der "Klima-Ausbade-Kampagne". Wer sich hineinlegt, bekennt sich zur Mitverantwortung für die Folgen des Klimawandels.
Kann man so wirklich "Einfluss erfahren"? "Doch, zum Beispiel durch die Besuche der Politiker auf dem Schiff", sagt Melanie Gießler, die schon seit Stuttgart dabei ist. Außerdem habe es ein dichtes Vortragsprogramm an Bord gegeben, über Naturschutz am Rhein, aber auch über Umweltmanagement in der Kirche. "Da habe ich einiges gelernt, was ich zu Hause konkret umsetzen möchte", sagt die Pfarrerin.
Schwerpunkt
Politisch und fromm
Während Industrieanlagen am Ufer vorbei ziehen, legen sich die Mitfahrenden nach und nach fast alle in die Badewanne und lassen sich fotografieren. Zwischendurch wird auch mal ein Kirchenlied gesungen und zur Ankunft noch eine Andacht gehalten. "Wir wollen anregen, sich politisch für den nachhaltigen Umgang mit Wasser und für seine gerechte Verteilung zu engagieren", sagt Gabriele Radeke, Sprecherin des Projekts. Unterwegs habe aber auch jeder erfahren können, wie er selbst durch sein Verhalten Einfluss auf die Umwelt hat.
Um 15.45 Uhr kommt der Kölner Dom in Sicht. Viele an Bord bereiten schon ihr persönliches Kirchentagsprogramm vor. Die "Heidelberg" wird bis Sonntag (10.06.2007) am Kölner Rheinufer in der Innenstadt liegen bleiben, als Veranstaltungsort und offen für Besucher. Aber Jonathan hat nun doch genug von kirchlichen Projekten. "Ich fahr' zu Oma und Opa."