"Das Ausmaß extremer Armut in unserer Welt ist ein Skandal", hieß es in einem "Ruf aus Köln", der zu Beginn des Kirchentages (06.06.2007) von den Religionsvertretern veröffentlicht wurde. Zu dem Kirchentag unter dem Motto "lebendig und kräftig und schärfer" haben sich mehr als 104.000 Dauerbesucher angemeldet, davon eine Rekordzahl von gut 5.000 Teilnehmern aus dem Ausland. Mehr als 350.000 Gäste kamen am "Abend der Begegnung" zum Auftakt des evangelischen Kirchentages in die Kölner Altstadt.
Enttäuschung über getrenntes Abendmahl
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) erinnerte in seinem Grußwort zur Eröffnung des Kirchentages an Konrad Adenauer, der 1946 vor einem "gottlosen Materialismus" gewarnt habe. "Heute hat diese Einschätzung an Aktualität wenig eingebüßt", sagte Rüttgers. "Weil die materialistische Weltanschauung den Menschen unpersönlich macht - zu einem kleinen Teil in einer ungeheuren Maschine."
Kirchentagspräsident Reinhard Höppner zeigte sich vor den rund 65.000 Menschen am Rhein enttäuscht darüber, dass es kein gemeinsames Abendmahl mit den Katholiken geben wird. Kurz vor Beginn des Kirchentags hatte der Kölner Kardinal Joachim Meisner bekräftigt, dass Katholiken dort nicht am protestantischen Abendmahl teilnehmen dürften. Dies entspricht der Position der katholischen Kirche, während nach protestantischem Verständnis alle Getauften zum Abendmahl eingeladen sind. Höppner erklärte weiterhin, das Protestantentreffen wolle mit Blick auf den G8-Gipfel in Heiligendamm "Brücken bauen" und "Fronten auflockern". Die Themen des Kirchentags seien geprägt durch den Gipfel: Es gehe um gerechte Weltwirtschaft, Afrika, Klimaschutz und die Konflikte im Nahen Osten.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief in einem Grußwort zu einer "gemeinsamen Welt-Innenpolitik" auf. "Wir sitzen alle in einem Boot, egal ob Reich oder Arm", so Steinmeier.
Partys, Konzerte und Kabarett
In den kommenden Tagen läuft auf 15 Bühnen ein Kultur- und Musikprogramm. Unter anderem treten dort die A-cappella-Gruppe "basta" und BAP-Sänger Wolfgang Niedecken auf. Rund 450 Stände bieten Speisen, alkoholfreie Getränke, Informationen und Aktionen zum Mitmachen an. Zum Abschluss des "Abends der Begegnung" wollen die Besucher mit einem Kerzen-Lichtermeer auf beiden Rheinseiten die Brücken und das Ufer erleuchten.
Beim Kirchentag in Köln soll es aber nicht nur um ernstes Debattieren, gemeinsames Beten und stille Bibelarbeit gehen. Auf dem Programm stehen auch Partys, Konzerte, Kabarett und Sport. Exotisches und Kurioses ist ebenfalls zu finden. "Wir sind eine Basisbewegung", sagt Kirchentags-Sprecher Stephan von Kolson. "Wir bieten alles in einer riesigen Spannweite an". Der Auftritt eines Minichors sei genauso wichtig wie ein Angebot für Schwule und Lesben oder die Debatte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Köln zum zweiten Mal Gastgeber
Der Deutsche Evangelische Kirchentag, der 1949 gegründet wurde, findet alle zwei Jahre statt, jeweils in einer anderen Stadt. Bereits vier Mal war die Veranstaltung im Rheinland zu Gast, unter anderem 1965 in Köln.