MONITOR vom 28.10.2021

MONITOR Nachgefragt: Illegale Pushbacks durch Europas Schattenarmee

Bericht: Shafagh Laghai

Monitor Nachgefragt: Illegale Pushbacks durch Europas Schattenarmee Monitor 28.10.2021 04:08 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Shafagh Laghai

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Georg Restle: „Ausgehungerte, frierende Menschen, die vom belarussischen Diktator Lukaschenko an die EU-Außengrenze getrieben wurden, um genau das zu erreichen: Eine Verschärfung der Migrationsdebatte in Europa.

Als sei der Schutz der EU-Außengrenze nicht schon rabiat genug. So wie in Kroatien, wo solch maskierte Polizeibeamte Flüchtlinge mit brutaler Gewalt aus der EU prügeln. Darüber haben wir in unserer letzten Monitor Ausgabe ausführlich berichtet. Europaweit gab es empörte Reaktionen, auch bei der EU-Kommission, die Konsequenzen angekündigt hat. Was seitdem geschah – oder auch nicht: Shafagh Laghai hat nachgefragt.“

Diese Bilder haben europaweit für Aufsehen gesorgt. Kroatische Polizisten in Masken schlagen auf Flüchtende ein. Es sind Polizisten eines EU-Landes, die Flüchtlinge misshandeln, sie regelrecht aus der EU hinausprügeln. Was hier im Grenzgebiet zwischen Kroatien und Bosnien und Herzegowina passiert, ist ein Verstoß gegen EU- und Völkerrecht. Gemeinsam mit europäischen Medienpartnern hatte MONITOR monatelang dazu recherchiert und die schweren Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt.  

Die Europäische Kommission hat auf unsere Berichte reagiert und Konsequenzen angedroht. EU-Innen-Kommissarin Ylva Johansson forderte, es müsse auch geklärt werden, ob EU-Gelder missbräuchlich verwendet wurden. Denn der kroatische Grenzschutz wird seit Jahren von der EU und auch von Deutschland mitfinanziert. 163 Mio. Euro flossen dafür seit 2015. Doch was ist außer Ankündigungen seither wirklich passiert? Zwei Tage nach unserer Veröffentlichung verkündete der kroatische Polizeichef, dass drei maskierte Männer identifiziert und vom Dienst suspendiert wurden. Es sei ein Einzelfall. 

Birgit Sippel (SPD), Abgeordnete des Europäischen Parlaments: „Ich halte das für einen schlechten Scherz. Wer die Berichte gesehen, die Bilder verfolgt hat, der weiß: es geht nicht um Einzelfälle. Wir erleben seit Jahren, dass massiv an den Grenzen auch in Kroatien zurückgewiesen wird. Und das ist ein systematisches Verfahren, in das nicht nur einzelne Personen eingebunden sind.“

Das haben auch unsere Recherchen gezeigt: Wir haben etliche Pushbacks gefilmt, gesehen, wie hunderte Menschen zurückgeschickt wurden.

Und wie ist die Lage heute? Vor Ort habe sich nichts geändert, berichten uns Flüchtlinge im Grenzgebiet. Sie schicken Videos, aufgenommen vor wenigen Tagen. Diese Frau aus Afghanistan berichtet, wie kroatische Polizisten sie und ihr kleines Kind zurückgeschickt hätten. Die Polizisten hätten sie mit einem Schlagstock am Bein geschlagen. Dann hätten sie ihr alles weggenommen. 

Stefanie Machart ist Krankenschwester und war vor wenigen Tagen noch vor Ort. Auch nach unserer Berichterstattung habe sich nichts verbessert, sagt sie.

Stefanie Machart, Krankenschwester SOS Balkanroute: „Was ich hier sehe und auch in letzter Zeit sind schwere Schlagverletzungen mit Schlagstöcken und auch Verletzungen mit Fäusten.“

Kroatien verstoße gegen EU-Recht, die Kommission müsse dagegen klagen, fordern EU-Politiker.

Birgit Sippel (SPD), Abgeordnete des Europäischen Parlaments: „Darüber hinaus muss sie aber auch sehr sorgfältig prüfen, inwieweit Mittel für Grenzmanagement missbraucht werden zur Abschreckung von Geflüchteten. Und in dem Fall kann der Rechtsstaatsmechanismus zum Einsatz kommen. Das heißt, künftig erhält dieses Mitgliedsland weniger Gelder aus den europäischen Fördertöpfen.“

Hier sinken die Temperaturen und ihre Lage werde immer schlimmer, erzählen die Menschen. Doch sie hätten keine Wahl, als es wieder und wieder zu versuchen.

Kommentare zum Thema

  • Anonym 19.12.2021, 08:24 Uhr

    Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. Nur wer seinen Namen angibt, kann im Gästebuch des ARD-Presseclubs mitdiskutieren. (die Redaktion)

  • Anonym 09.11.2021, 10:37 Uhr

    Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)

  • Anonym 09.11.2021, 10:18 Uhr

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