Immer noch wird darüber spekuliert, wer denn die vier Bieter sind, die bis Freitag (11.02.2011) ein verbindliches Angebot für die angeschlagene Landesbank abgeben sollten. Friedrich Merz, Verkaufsbeauftragten für die WestLB, wollte auch am Freitagnachmittag keine Namen nennen. Merz verriet auch nicht, wie viele Kaufangebote fristgerecht bis 12 Uhr bei einer Investmentbank eingereicht wurden. Er versicherte jedoch, dass die Bieter nach wie vor Interesse am Kauf der gesamten Landesbank bekunden würden. Merz hatte aus einem ursprünglichen Interessentenkreis von acht Investoren vier ausgewählt, die schon seit Ende Januar Einblick nehmen durften in die Bilanzen der WestLB. Medienberichten zufolge sollen die Finanzinvestoren Apollo, J.C. Flowers und Blackstone zu den Interessenten zählen. Eine chinesische Bank hatte bereits abgewunken.
Neues Konzept soll bis 15. Februar stehen
Die Zeit drängt: Die WestLB muss nach Vorgaben der Brüsseler EU-Kommission bis 15. Februar ein neues Konzept vorlegen und bis zum Jahresende neue Eigentümer finden. Andernfalls muss sie die 3,4 Milliarden Euro Staatshilfe zurückzahlen, mit denen sie während der Finanzkrise gestützt wurde - damit wäre sie wohl zahlungsunfähig. Kaum jemand rechnet allerdings damit, dass ein Investor die immer noch drittgrößte deutsche Landesbank komplett kaufen will. Die Risiken sind hoch, die damit verbunden wären. Zum einen wüsste ein Bieter zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, welche Auflagen die EU der WestLB eventuell noch macht, wenn sie das neue Konzept für die Bank erst einmal geprüft hat. Zum anderen besteht die WestLB aus ganz unterschiedlichen Geschäftsbereichen, wovon längst nicht alle für Käufer interessant sind.
Landesbank kaum attraktiv für Investoren
Schwerpunkt
Zu etwa einem Viertel besteht die Landesbank nämlich aus dem sogenannten "Verbundgeschäft", das gemeinsam mit den Sparkassen betrieben wird. Da nicht alle Sparkassen in NRW groß genug sind, um sämtlichen Zahlungsverkehr selbst abzuwickeln, nimmt die Landesbank ihnen diese Aufgaben ab und bündelt sie: Die WestLB funktioniert also wie eine Art Zentralbank für die Sparkassen in NRW. Auch entwickelt sie neue Finanzprodukte und unterstützt die Sparkassen bei internationalen Geschäften, wenn sie selbst zu klein dafür sind. "Bei einem Komplett-Verkauf hätte ohnehin das Problem bestanden, dass die Sparkassen in dieses Verbundgeschäft mit der WestLB wohl kaum einen Außenstehenden hätten eindringen lassen wollen", sagt Thomas Hartmann-Wendels, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Köln. "Ein Verkauf war von vorneherein unwahrscheinlich: Die Frage wäre gewesen, was ein Käufer mit einer Bank will, die zu etwa einem Viertel eine Art Zentralbankfunktion für die Sparkassen in NRW erfüllt und ansonsten kaum Alleinstellungsmerkmale im Markt zu bieten hat."
"WestLB erbringt keine unentbehrliche Leistung"
Zu einem ähnlichen Urteil kommt dem Magazin "Stern" zufolge auch das Gutachten einer Expertengruppe, aus dem das Magazin zitiert und das der Bundesregierung vorliegen soll: Die WestLB erbringe keine "volkswirtschaftlich unentbehrliche Leistung", heißt es darin laut "Stern". Dem Gutachten zufolge sollten die Eigentümer Vorbereitungen für eine eventuell erforderliche Abwicklung treffen, wie das Magazin berichtet.
Die meisten Finanzexperten und Beobachter der Landesbanken-Krise sind sich im Gegensatz dazu aber einig, dass eine Zerschlagung der WestLB in ihre einzelnen Bestandteile die einzig sinnvolle noch verbleibende Lösung ist, nachdem der Versuch gescheitert ist, sie mit einer anderen Landesbank zu fusionieren.
Auslagerung toxischer Papiere notwendig
Ein Viertel der WestLB könnte als reine Sparkassen-Zentralbank für die gut 100 kommunalen Kreditinstitute in Nordrhein-Westfalen ausgegliedert werden. "Diese haben sehr großes Interesse, diesen Bereich zu übernehmen, und die damit verbundenen Risiken sind überschaubar", sagt Hartmann-Wendels. Eigentlich profitable Teilbereiche wie die Projektfinanzierung oder auch Teile des Kapitalmarktgeschäfts könnten tatsächlich an einen Investor verkauft werden - allerdings erwarten Experten wie Hartmann-Wendels kaum einen hohen Erlös. "Man sollte auch hierfür keinen heißen Bieterwettkampf erwarten", sagt er. Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal habe die WestLB damit ebenfalls nicht zu bieten. Der problematischste Teil aber wäre wohl der dritte: Die schlechten Papiere, die seit der Finanzkrise immer noch in den Büchern schlummern. Sie müssten wohl an die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) verkauft werden, die "Bad Bank", die schon sogenannte toxische Papiere im Wert von rund 77 Milliarden Euro enthält. Problematisch ist der Verkauf deshalb, weil die derzeitigen Eigentümer der WestLB dabei zur Kasse gebeten werden. In NRW hat man sich darauf bereits eingestellt: "Am Ende wird das teuer - egal welche Lösung wir finden", sagte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) noch Ende Januar im Landtag.
"Abwicklung wäre schlechteste Lösung"
Die schlechten Papiere, die an die Bad Bank verkauft werden sollen, sind hochriskant: Aus ihnen können der Bad Bank hohe Verluste entstehen, für die die Eigentümer der WestLB, also das Land und die Sparkassen in NRW, mindestens teilweise gerade stehen müssen. Bei einem Verkauf der toxischen Papiere an die Bad Bank müssen sie deshalb eigenes Geld zuschießen. "Die Eigentümer stehen hier unbeschränkt in der Haftung", sagt Bankenexperte Hartmann-Wendels. NRW hat bereits eine einstellige Milliardensumme dafür im Nachtragshaushalt bereit gestellt. Der Beitrag des Landes werde wohl am Ende in irgendeiner Form am Steuerzahler hängen bleiben, schätzt der Bankexperte. "Anders ist das kaum vorstellbar."
Auch um einen eventuellen Beitrag des Bundes, der mit einer stillen Einlage an der WestLB beteiligt ist, wird hinter den Kulissen noch gestritten. Für die Sparkassen in NRW, von denen manche selbst Ertragsprobleme haben, könne der Transfer schlechter Papiere in die "Bad Bank" ebenfalls zu einer Belastung werden: "Einzelne Institute könnten bis zu dreistellige Millionenbeträge zahlen müssen - das ist schon ein Brocken", so der Bankenexperte.
Eine Abwicklung, wie sie das jüngst vom "Stern" zitierte Gutachten empfiehlt, erscheint Experten wie Hartmann-Wendels jedoch zu riskant: "Die finanziellen Belastungen, die bei einer Abwicklung entstehen würden, sind so groß, dass man sie aus jetziger Sicht nur schwer abschätzen kann", sagt er. "Es wäre die schlechteste Lösung."