Rückblick aus dem Jahr 2005: Internet im Zeitraffer

Explosion im Web

Stand: 11.05.2005, 13:16 Uhr

In den letzten zehn Jahren hat sich das Internet rasant verändert. Während das Angebot vielseitiger und bunter geworden ist, sind gleichzeitig die Preise für den Onlinezugang dramatisch gefallen. Heute ist das Internet ein Massenmedium, das dank UMTS und Mini-PCs jederzeit und überall verfügbar ist.

Von Jörg Schieb

Was für eine Entwicklung! 1995 wurde das Internet in Deutschland nur von wenigen Menschen genutzt, in der Regel von gut informierten Computerfans. 1999 fragten sich die Autoren der ARD-Onlinestudie immerhin schon vorsichtig: "Wird Online zum Alltagsmedium?" Heute muss die Antwort eindeutig "Ja" lauten. Das Internet ist neben Fernsehen und Radio zum Massenmedium avanciert. Vor allem das Angebot im Web ist regelrecht explodiert. Von nicht einmal 100.000 Webseiten im Jahr 1995 auf schätzungsweise 10 Milliarden im Jahr 2005. Es gibt Angebote zu jedem noch so ausgefallenen Thema und Wissensgebiet. Nur finden muss man sie. Dabei helfen heute unzählige Suchdienste den Nutzern. 1995 musste man die Adressen der Seiten noch selbst kennen und korrekt eintippen.

Besser surfen mit Suchmaschinen

Das änderte sich noch im selben Jahr, als das Projekt "Yahoo!" startete - das erste "Adressbuch des Internet". Mit der Zeit gingen zahllose weitere Online-Kataloge ans Netz, manche davon auf bestimmte Fachbereiche spezialisiert. Google kam 1998 hinzu. Heute spüren Suchmaschinen auch Bilder auf, durchforsten den Diskussionsbereich Usenet, finden die günstigsten Preise in Onlineshops oder fahnden in den Webangeboten von Zeitungen, Magazinen und Sendern nach Nachrichten.

Enorm entwickelt hat sich auch der Bereich Multimedia. 1995 kam das Gros der Webseiten noch ohne Grafik aus. Allein schon deshalb, weil die meisten Internetbenutzer über eine langsame Modemleitung online gingen. Schließlich bremst jedes Bild den Seitenaufbau aus. Mit wachsendem Tempo der Verbindungen wurden die Webseiten opulenter: Grafiken, Fotos, bunt animierte Menüs - heute alles selbstverständlich. Manche moderne Webseite ist ein wahres Kunstwerk.

Datentempo: Heute bis zu 650 Mal schneller als 1995

Private Computerbenutzer quälten sich in den 90er Jahren noch mit 9.600 Bit/Sekunde (Baud) ins Netz. Schon bald aber konnten ISDN-Benutzer mit 64 KBit/Sekunde online gehen, was damals als schnell galt. Mehr Tempo ist mit einer normalen Telefonleitung über Modem auch nicht möglich. Dann aber kam 1998 DSL, die "Digital Subscriber Line", und machte dem Internet Beine. Heute surft der User mit bis zu 6 MBit/Sekunde durchs Netz. 650 Mal schneller als 1995 - zu einem Bruchteil der Kosten.

Während Internetbenutzer Mitte der 90er Jahre umgerechnet mindestens 10 Cent pro Onlineminute bezahlen mussten, zusätzlich zu den anfallenden Telefongebühren, surfen heute viele zum Pauschalpreis durchs Internet. Es gibt "Flatrates", die lediglich 5 Euro im Monat kosten. So viel haben die Provider 1995 für eine einzige Onlinestunde verlangt. Gleichzeitig sind die Kosten für eigene Internetadressen (Domains) gefallen. Mehr als acht Millionen .de-Domains gibt es mittlerweile. Auch wer selbst Informationen im Netz anbieten möchte, auf Webseiten oder Servern, muss heute bei weitem nicht mehr so tief in die Tasche greifen.

Mehr hören, mehr sehen: Auch online

Dank immer schnellerer Datenleitungen bei gleichzeitig fallenden Kosten wird auch mehr Multimedia geboten. MP3 hat 1998 Musik auf den Computer geholt und prägt heute das Lebensgefühl einer ganzen Generation: Sekundenschnelle Downloads lösten vielfach den Gang zum Plattenladen ab. MP3-Player wie der iPod können sich problemlos 10.000 Songs merken. Aber auch das Fernsehen wandert ins Internet. Wer mag, kann seit 2003 Videos übers Internet ausleihen. Die Filme landen als Videostream auf der Festplatte.

Seit 2002 gibt es für WDR-Zuschauer WebMedia, um live übers Netz Radio zu hören und einige TV-Sendungen zu sehen, andere können 'on demand' ausgewählt werden. Fernsehen auf Abruf übers Internet ist dank schneller DSL-Leitungen kein Problem. Auch Radiosendungen können überall auf der Welt angehört werden. Selbst Telefonieren ist heute übers Internet möglich: Voice over IP (VoIP) erlaubt kostenlose Gespräche innerhalb des Internet - und macht Anrufe ins Festnetz günstiger. Experten sind überzeugt: Schon in wenigen Jahren werden die meisten Menschen übers Internet telefonieren.

Grenzenloses Internet: Auch unterwegs online

Weil das Internet immer wichtiger wird, wollen viele überhaupt nicht mehr darauf verzichten. Müssen sie auch nicht. Denn Wireless LAN (WLAN) und moderne Funkstandards wie GPRS, HSCDS und vor allem UMTS erlauben, immer und überall online zu gehen. Handys, Organizer und Notebooks können E-Mails abrufen und Webseiten darstellen. Dem Internet scheinen keine Grenzen mehr gesetzt. Eine derartige Entwicklung hat sich 1995 kaum jemand vorstellen können.

Bill Gates allerdings nannte schon im November 1994 seine Vision "Information at your fingertips". Er sprach von mobilen Geräten, die überall und jederzeit Zugang zu allen nur vorstellbaren Informationen ermöglichen. Es ist weitgehend so gekommen. Und ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen.