Die Bezirksregierung erteilte den Auftrag an das Ingenieurbüro Spiekermann, wie Regierungspräsident Jürgen Büssow (SPD) mitteilte. Büssows Behörde ist für die technische Bauaufsicht bei allen Straßen- und U-Bahnbauten in Nordrhein-Westfalen zuständig. Im Falle des Kölner U-Bahn-Baus hatte die Bezirksregierung diese Aufgabe bei Baubeginn an die Stadt Köln übertragen. Die Kommune delegierte die Aufsicht allerdings weiter: An den Bauherrn der Trasse, die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). Eine Praxis, die nach dem Einsturz des Archivs massiv kritisiert worden war.
Grundsätzliche Bedenken gegen bisherige Praxis
Der Düsseldorfer Regierungspräsident betonte am Donnerstag, dass die Entscheidung für den externen Dienstleister nach Beratungen mit Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) und im Einvernehmen mit der KVB erfolgt sei. Büssow forderte eine generelle Trennung von Bauaufsicht und -ausführung bei Großprojekten. Einen entsprechenden Vorschlag werde er demnächst der NRW-Landesregierung machen.
Eine Ausschreibung für den Bauaufsicht-Auftrag hatte es trotz der jährlichen Kosten von 300.000 Euro nicht gegeben. "Juristisch gesehen ist nach solch einem Unglück Gefahr im Verzuge", sagte Bernhard Hamacher, Sprecher der Bezirksregierung, gegenüber WDR.de. Die Übertragung dieser wichtigen Aufgabe habe sehr schnell gehen müssen.
Bauaufsicht kostet 300.000 Euro
Das Ingenierbüro Spiekermann ist nach Angaben der Bezirksregierung neutral und hatte mit dem Kölner U-Bahn-Bau bislang nichts zu tun. Das Unternehmen hat unter anderem den Neubau der ICE-Neubaustrecke von Köln nach Frankfurt und den Bau des Berliner Hauptbahnhofs überwacht.
Kölns Baudezernent Bernd Streitberger zeigte sich "sehr froh" über den Wechsel der Bauaufsicht: "Wir sehen uns in der Pflicht, Vertrauen wieder herzustellen." Eine Pflicht, die sich auch die Verkehrsbetriebe zu eigen machen wollen. KVB-Vorstandsmitglied Walter Reinarz sagte: "Die Herausforderung für uns ist, dass wir das Vertrauen in den Bau großer U-Bahn-Anlagen wieder herstellen müssen."
Externe Überwachung am Waidmarkt
Bereits am 9. April hatten die KVB mit einer europaweiten Ausschreibung die Weichen dafür gestellt, auch die Bauüberwachung und -leitung für den Bauabschnitt Waidmarkt - also der Unglücksstelle - an einen externen Dienstleister zu vergeben. Bislang war dies die Aufgabe der KVB. Alle übrigen Bauabschnitte wurden schon in der Vergangenheit von eigenständigen Ingenieurbüros überwacht. Die Bauüberwachung ist dabei von der Bauaufsicht zu unterscheiden. Die Aufgabe der Überwachung umfasst etwa die Kontrolle vertraglich festgelegter Bauleistungen und die Verantwortung dafür, dass der Bau entsprechend der einschlägigen Vorschriften erstellt wird.
Dass die KVB nun nach dem Unglück diese Verantwortung abgibt, ist nach Aussage ihres Sprechers Joachim Berger "ein ganz normaler Vorgang." Die Unglücksstelle nehme nun eine besondere Position ein, für die eine eigene Organisation aufgebaut werde.
Langwierige Ausschreibung
Dass die Waidmarkt-Ausschreibung veröffentlicht wurde, obwohl die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen sind, wird mit der langwierigen Dauer eines solchen Verfahrens begründet. "Wir stehen schließlich vor der Aufgabe, hier am Waidmarkt zu reparieren, neu zu bauen oder was auch immer", erklärte KVB-Sprecher Berger.