Wie es weitergehen wird in der NRW-CDU ist am Tag nach der verlorenen Wahl weiter unklar. Nach der Sitzung des Parteivorstandes teilte Generalsekretär Oliver Wittke lediglich mit, dass noch nicht über den Vorsitz der Partei entschieden sei. Es habe auch niemand aus dem Vorstand sein Interesse bekundet. Stattdessen habe man die Wahlschlappe analysiert und sich darauf verständigt, Ende Juni einen Landesparteitag einzuberufen. Spätestens dann wird also die Frage geklärt sein, wer die Partei künftig führen wird.
Wer die Fraktion führen wird, soll laut Wittke am Dienstag bei der ersten Sitzung der neuen Fraktion entschieden werden. Ob es mehrere Bewerber für den Posten des Fraktionschefs und damit eine Kampfkandidatur gibt, wollte Wittke nicht sagen. Es gilt als wahrscheinlich, dass der bisherige Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann erneut antritt. Ambitionen werden auch Armin Laschet nachgesagt, der bisher Parlamentarischer Geschäftsführer war. Armin Laschet sagte: "Es wird keine Kampfkandidatur geben. Laumann ist Fraktionschef und ich bin sein Stellvertreter." Für wie lange der Fraktionschef gewählt werden soll, wollte Wittke nicht sagen.
"Schwerste CDU-Wahlniederlage in NRW"
Am Montagmorgen hatte Wittke bei einer Pressekonferenz bereits drastische Worte zur Wahlniederlage gefunden. "Es ist die schwerste, umfassendste und bitterste Wahlniederlage in der Geschichte der CDU in diesem Land", sagte er. Angesichts dieser Pleite sei Norbert Röttgens Rücktritt vom Landesvorsitz "zwangsläufig" gewesen. Wittke selbst, als Wahlkampfmanager durchaus mitverantwortlich für die schwere Pleite, will aber vorerst nicht seinen Posten räumen. Es gibt in der CDU nicht wenige, die fordern, dass der künftige Landeschef gleichzeitig auch Fraktionsvorsitzender im Landtag sein soll.
Fraktion weitgehend ausgetauscht
Wer auch immer es wird, ob es doch eine Zwei-Mann-Lösung gibt oder ein Dritter noch ins Spiel kommt: Der neue Vorsitzende steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Es gärt in der CDU. Viele sind unzufrieden über die inhaltliche Ausrichtung. Die finanzielle Lage ist schwierig und wird durch das schlechte Wahlergebnis und die entsprechend geringeren staatlichen Mittel noch schwieriger werden. Und dann kommt auch noch hinzu, dass die Fraktion weitgehend ausgetauscht wurde.
Viele CDU-Kandidaten waren nicht über die Liste abgesichert
Wegen der vielen Ausgleichsmandate kommt die neue Landtagsfraktion zwar auf genauso viele Sitze wie zuvor - nämlich auf 67. Doch lediglich 29 der Kandidaten haben ihre Wahlkreise direkt gewonnen, 38 Politiker ziehen über die Liste ein. Bei den letzten beiden Landtagswahlen hat die Liste der CDU überhaupt nicht gezogen und alle Landtagsabgeordneten waren direkt gewählte Kandidaten. Viele der unterlegenen Kandidaten in den Wahlkreisen sind nicht über die Liste abgesichert gewesen und nun nicht mehr im Landtag vertreten. Das gilt zum Beispiel für den Experten für Kommunalpolitik, Bodo Löttgen aus dem Bergischen Land, oder die Kölner Juristin Andrea Verpoorten.
Auch die regionale Verteilung der Abgeordneten ist eine ganz andere als vorher. Viele der Listenkandidaten stammen aus dem Ruhrgebiet. Aus Köln sind nur noch zwei Abgeordnete im Landtag, aus Bonn keiner mehr. Mehr als die Hälfte der neuen CDU-Abgeordneten sind Neulinge im Landtag. Und das wird zum Problem werden. "Wir werden ein halbes Jahr brauchen, um uns neu aufzustellen", sagt ein Insider.