Meist herrscht an Schulen in den Ferien Ruhe. In diesem Jahr ist das vielerorts anders: Sägen kreischen, Bohrmaschinen dröhnen, dazu beschallen Radios der Bauarbeiter die Pausenhallen. Die Essener Grundschule an der Heinrich-Strunk-Straße erhält zum Beispiel eine Wärmedämmung. 14 Zentimeter starke Platten kommen auf die Fassade, noch dickere Dämmung unter das Dach. Dadurch sollen Wärmeverluste reduziert und die Heizkosten um die Hälfte gesenkt werden. Möglich wurde die Investition von rund 1,1 Millionen Euro allein an dieser Schule durch Mittel aus dem Konjunkturpaket II. Insgesamt erhält die klamme Stadt Essen fast 35 Millionen Euro vom Bund zur energetischen Sanierung städtischer Schulen und Kindertagesstätten.
Sofortmaßnahmen helfen vor allem Essener Firmen
"In Nordrhein-Westfalen gibt es die kommunalfreundlichste Regelung, die Mittel aus dem Konjunkturpaket II einzusetzen", sagt Essens Baudezernentin Simone Raskop. Bereits im März und April hatte der Rat der Stadt Baubeschlüsse für 34 Schulen gefasst, die Verwaltung konnte die Aufträge sofort nach dem Bundestagsbeschluss vergeben. Damit seien Essen und auch einige Nachbarstädte unter den deutschen Kommunen "ganz weit vorn" in der Umsetzung des Konjunkturpakets, so Raskop: "Schwerpunkt waren ja die Sofortmaßnahmen. Inzwischen sind schon 14 Millionen Euro an Aufträgen vergeben. Und zwar zu 70 Prozent an die einheimische Wirtschaft."
"Handwerkerkapazitäten sind gar nicht da"
Die Zeit, das Geld auszugeben, drängt in gleich mehrerlei Hinsicht: Die Hälfte der Mittel soll nach Vorgaben aus Berlin noch 2009 ausgegeben werden. Sämtliche Rechnungen - auch die aufwändiger und langwieriger Sanierungsmaßnehmen - müssen Ende 2011 verbucht und bezahlt sein. Dazu müssen die Projekte jetzt möglichst schnell ausgeschrieben werden. "Wir haben heute schon teilweise das Problem, dass wir nur noch ein einziges Angebot bekommen", sagt Ingo Penkwitt, Leiter der Essener Immobilienwirtschaft. "Die Handwerkerkapazitäten sind gar nicht da." Außerdem erhofft sich Penkwitt einen Preisvorteil durch die größere Nachfrage: "Im kommenden Jahr könnten die Baupreise steigen, weil alle Kommunen auf dem Markt sind."
Welche Maßnahme erlaubt das Gesetz?
Tatsächlich freuen sich Dachdecker, Heizungs- oder Fensterbauer über volle Auftragsbücher. Allerdings werden die Konjunkturpaket-Gelder in Essen nur in die energetische Sanierung gesteckt. Wenn ein Schulhof attraktiver werden soll oder die Schultoilette moderner, dann lässt die Stadt diese Maßnahmen zwar gleich mit durchführen, aber die Kosten trägt sie aus dem eigenen Schuletat. "Wir legen größten Wert darauf, dass die Mittelvergaben streng ausgelegt wird und jeder Prüfung standhält", so Ingo Penkwitt. Andere Kommunen drücken da schon mal ein Auge zu und sanieren die kompletten Sanitäranlagen gleich mit aus den Bundesmitteln des Konjunkturpakets. "Wir lassen Wasser-Spartasten einbauen, das ist dann der Beitrag zum Energiesparen", sagt der Leiter eines Schulamtes im Ruhrgebiet.
Kein Konjunkturpaket-Geld für längst geplante Maßnahmen
Es gibt aber noch weitere Auflagen für die Konjunkturpaket-Mittel aus Berlin: Die Maßnahmen, die jetzt mit Geld finanziert werden, dürfen weder schon vor Verabschiedung des Gesetzes begonnen haben, noch in einem früheren Haushalt berücksichtigt sein. Außerdem werden die kommunalen Haushalte von 2005 bis 2008 mit denen von 2009 bis 2011 verglichen - dabei muss das Konjunkturpaket-Geld zusätzlich ausgegeben werden. Schließlich gibt es die sogenannte Zweckbindungsfrist der Gelder von 15 Jahren, die besagt: Wo jetzt investiert wird, da bleibt das Schulgebäude die nächsten 15 Jahre erhalten.
Zur Not nach den Sommerferien Unterricht im Container
Doch wenn nun unter großem Zeitdruck Sanierungsmaßnahmen geplant und umgesetzt werden, bleibt die Frage, ob nicht stellenweise nach dem Motto verfahren wird: "Das Geld ist da und muss jetzt auch auf jeden Fall ausgegeben werden." Essens Baudezernentin Simone Raskop verneint dies: "Jede Maßnahme muss von unserem Rechnungsprüfungsamt freigegeben werden und wird der Bezirksregierung gemeldet." Bei der Projektauswahl sei es zudem nicht nur um die Gebäude an sich gegangen, sondern auch darum, wo die meisten Kinder sind. Viele Schüler müssen sich nach den Sommerferien mit den Baustellen arrangieren, denn meist reichen die sechs Wochen Sommerferien für umfangreiche Sanierungsarbeiten gar nicht aus. "Zur Not müssen die Kinder halt für einen Monat in Containern untergebracht werden", sagt Ingo Penkwitt. "Jetzt heißt es für alle gemeinsam: Augen zu und durch."