Mutmaßlicher Täter vor Gericht

Prozessauftakt im Hochsicherheitstrakt

Stand: 18.12.2007, 15:42 Uhr

Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen hat am Dienstag (18.12.2007) der Prozess gegen einen der mutmaßlichen "Kofferbomber" begonnen. Der Angeklagte erzählte von seinen familiären Verhältnissen. Sein Anwalt kündigte ein Teilgeständnis an.

Von David Ohrndorf

"Architektonisch besser als Stammheim", scherzt ein altgedienter Fernsehjournalist, als er den Verhandlungssaal betritt. Er spielt damit auf das Stuttgarter Hochsicherheitsgefängnis und die RAF-Prozesse an, die darin stattgefunden haben. Der Raum im Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) ist so groß wie eine Schulsporthalle. An den Wänden helle Holztäfelung. Ein Drittel ist als Zuschauerraum mit schweren Panzerglasscheiben abgetrennt. Es gibt nur wenige sehr schmale Fenster, durch die Tageslicht hereinfällt.

Höchste Sicherheitsvorkehrungen

Tatsächlich gibt es Parallelen zu den RAF-Prozessen in den 70er Jahren: Ein mutmaßlicher Terrorist steht vor Gericht und die Sicherheitsvorkehrungen sind enorm. Rund um den Hochsicherheitstrakt stehen Polizisten mit Maschinengewehren im Anschlag. Der Beginn der Verhandlung muss zunächst einmal um eine dreiviertel Stunde verschoben werden, weil vor der Sicherheitsschleuse noch eine lange Reihe von Journalisten steht. Jeder wird einzeln durchsucht. Was bei anderen Prozessen üblich ist - dass Handys und Laptops zumindest mit ins Gebäude genommen werden können - gilt heute nicht. Die Kameras und Aufnahmegeräte der elektronischen Medien werden sorgfältig durchleuchtet.

Angeklagter erzählt ausführlich von seiner Familie

Obwohl er noch im Libanon Deutschunterricht genommen hat, spricht der Angeklagte Youssef El-H. vor Gericht ausschließlich Arabisch. Vier gerichtlich bestellte Dolmetscher sorgen für einen fast reibungslosen Ablauf der Befragung. Youssef El-H. ist schmächtig. Er trägt ein beiges Kapuzensweatshirt. Während er redet, streicht er sich gelegentlich die schulterlangen Haare hinters Ohr.

Zur Sache, also zum Bombenbau und zur Deponierung des Sprengsatzes in einem Zug am Kölner Hauptbahnhof, will sich der 23-Jährige am Dienstag (18.12.2007) nicht äußern. Einer seiner beiden Anwälte kündigt allerdings an, dass der Angeklagte die Geschehnisse noch aus seiner Sicht darstellen will, "allerdings nicht vor Februar 2008". Youssef El-H. werde zugeben, dass "er der Mann mit der Nummer 13" sei. Auf den Fahndungsfotos der Polizei trug eine der gezeigten Personen ein Fußballtrikot mit dieser Rückennummer.

Am ersten Verhandlungstag erzählt Youssef El-H. ausführlich von seiner Familie. Er hat mehrere Seiten handschriftlich mit Notizen vollgeschrieben und erklärt detailiert, wo überall auf der Welt seine zwölf Geschwister mittlerweile leben. Gelegentlich grinst er. Etwa bei der Frage, ob es zutreffe, dass einer seiner Brüder sechs Kinder habe. "Das war so, bevor ich ins Gefängnis kam, vielleicht sind es mittlerweile zehn", übersetzt die Dolmetscherin.

Ein Urteil aus Beirut

Ein Raunen geht durch den Zuschauerraum, als bekannt wird, dass Youssef El-H. gerade verurteilt worden ist. Ein libanesisches Gericht hat ihn in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Bundesanwalt Horst Salzmann wartet nun auf die genaue Urteilsbegründung. Er könne sich vorstellen, dass das Urteil als Beweis in den Prozess vor dem Düsseldorfer Gericht eingebracht werde, sagt er zu WDR.de.

Strategie der Verteidigung

Dem heute 23-Jährigen wird vorgeworfen, gemeinsam mit einem Komplizen ein Bombenattentat auf zwei Regionalzüge geplant zu haben. Die Sprengsätze wurden am Kölner Hauptbahnhof in zwei Zügen nach Hamm und Koblenz deponiert, explodierten aber aus technischen Gründen nicht. Die Anklage unterstellt den Bombenbauern "Unvermögen". Die Verteidigung argumentiert, der Fehler sei absichtlich gemacht worden. "Wir werden die Frage klären müssen, ob er die Bomben tatsächlich explodieren lassen wollte", so Verteidiger Bernd Rosenkranz.

Um das mögliche Motiv von Youssef El-H. ging es am Dienstag (18.12.2007) im Gerichtssaal noch nicht. Vor dem Saal wurden die Verteidiger aber nicht müde, in Interviews zu betonen, es gebe keine Verbindung zu Terror-Organisationen. Der Angeklagte habe sich lediglich gegen die Mohammed-Karikaturen wehren wollen. Er habe sich zuvor auch an einer Demonstration dagegen beteiligt.

Der Prozess wird am Mittwoch (19.12.2007) fortgesetzt. Das Urteil soll frühestens im Sommer 2008 gesprochen werden. Gerichtssprecher Ulrich Thole erwartet einen "langwierigen und kleinteiligen" Prozess.