NRW-Landtag lehnt Novellierung des Staatsvertrag ab

Jugendschutz im Netz gescheitert

Stand: 16.12.2010, 19:27 Uhr

Der geplante Staatsvertrag zum Jugendschutz im Internet ist nun endgültig gescheitert. Der nordrhein-westfälische Landtag lehnte den Antrag zur Novellierung am Donnerstag (16.12.2010) wie erwartet einstimmig ab.

In einer hitzigen Debatte vor der Abstimmung wiesen sich Regierung und Opposition gegenseitig die Schuld für das Scheitern des Vertrags zu. NRW-Medienministerin Angelica Schwall-Düren (SPD) warf CDU und FDP "Opportunismus in Reinkultur" vor - schließlich hätten sie als Regierungskoalition den Entwurf noch selbst unterschrieben. SPD und Grüne hatten sich ebenfalls zur Ablehnung des Vertrags entschieden. Sie wollten nicht den Kopf hinhalten für ein Gesetz, gegen das sie ohnehin Bedenken hatten. Auch die Linke hatte den Vertrag abgelehnt, so dass der rot-grünen Minderheitsregierung im NRW-Landtag eine Niederlage drohte.

Der Staatsvertrag sah Altersbeschränkungen für Internetangebote und "Sendezeiten" für jugendgefährdende Inhalte vor. Quer durch alle Parteien und bei vielen Netzaktivisten gab es massive Zweifel, ob die zum 1. Januar 2011 geplanten Maßnahmen umsetzbar und effizient gewesen wären.

Mängel erst später bekannt geworden

Der ehemalige CDU-Medienminister Andreas Krautscheid rechtfertigte die Ablehnung mit Mängeln an dem Vertrag, die erst später bekannt geworden seien. Auch angesichts der massiven Bedenken aus der Netzgemeinde sei es besser, sich mit dem Entwurf noch Zeit zu lassen. Auch in anderen Landesparlamenten werde man erleichtert sein. Er warf der Regierung vor, sie leite ihre Verantwortung aus den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen ab.

"Sieg der Vernunft"

Jörg-Olaf Schäfers vom Portal "Netzpolitik.org" sprach von einem "Sieg der Vernunft": "Die Entscheidung ist eine große Chance für einen zeitgemäßen Jugendschutz im Netz." Thomas Stadler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht, sagte, die Ablehnung der Novellierung des Staatsvertrages könne nur ein erster Schritt sein: "Die Politik muss zur Kenntnis nehmen, dass die Ziele des Jugendmedienschutzes nicht primär durch Ge- und Verbote gegenüber Anbietern erreichbar sind." Aufgabe des Staates werde es künftig vor allen Dingen sein, für die Vermittlung von Medienkompetenz zu sorgen.

Verstöße nicht geahndet

Da die Jugendschutznovelle gescheitert ist, wird es jetzt keine Alterseinstufungen für Web-Seiten geben. Nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag aus dem Jahr 2003 müssten manche Seitenbetreiber mit "Sendezeiten" für den verlangten Jugendschutz zu sorgen. Bislang hat sich allerdings kaum ein Anbieter an diese Regel gehalten. Verstöße wurden auch nicht geahndet. In Angeboten wie der Mediathek der ARD werden jedoch Krimis wie "Tatort" oder andere relevante Sendungen erst ab 20.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit freigeschaltet.