Das Landgericht München II hatte im Februar 2009 eine nachträgliche Sicherungsverwahrung abgelehnt, obwohl Gutachter den verurteilten Sexualverbrecher für gefährlich halten. Der BGH verwarf nun die Revision der Staatsanwaltschaft. Der Vorsitzende Richter Armin Nack erklärte, nach der derzeitigen Rechtslage gebe es "keine gesetzliche Handhabe, den Angeklagten nachträglich in der Sicherungsverwahrung unterzubringen". Die Rechtslage sei "ausgesprochen kompliziert", fügte er hinzu.
Bürgermeister bedauert Belastung für Anwohner
Der 58-Jährige lebt seit seiner Entlassung bei seinem Bruder in Heinsberg-Randerath. Der Ex-Häftling wird in dem 1.400 Einwohner kleinen Dorf seit knapp einem Jahr rund um die Uhr von der Polizei bewacht. Daran wird sich nach der vom BGH verworfenen Revision auch nichts ändern: "Wir haben keine andere Möglichkeit. Wir werden die Observationsmaßnahmen in der Art und in dem Umfang wie bisher weiter fortsetzen", erklärte Kreisdirektor Peter Deckers am Mittwoch. Es gebe keine Alternative, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hingegen mahnte, die Polizei habe nicht die Kapazitäten für Überwachungen rund um die Uhr. Rainer Wendt, Vorsitzender der Gewerkschaft, erklärte: "Der Gesetzgeber muss handeln und das Gesetz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung nachbessern".
Der Heinsberger Bürgermeister Wolfgang Dieder (CDU) mahnte die Anwohner, "weiter aufmerksam zu bleiben". Sie müssten nun weiter mit der Belastung leben. "Es sieht so aus, als ob Karl D. ein freier Mann ist. Mit einer solchen Situation kann sich niemand abfinden", erklärte Dieder weiter.
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58-Jähriger steht unter Führungsaufsicht
Mit dem BGH-Beschluss ist für den Straftäter aber nicht der Beginn der Freiheit eingeläutet. Denn er steht unter Führungsaufsicht, wird also von einem Bewährungshelfer und einer Aufsichtsstelle kontrolliert. Bundesanwalt Wolfram Schädler erklärte, mit einer Koordinierung von Führungsaufsicht, Polizei und Bewährungshelfern könne in solchen Fällen ein engmaschiges Netz gesponnen werden, damit ein Straftäter überwacht werde und weitere Taten verhindert werden könnten.
Ab dem 1. Februar 2010 wird der Mann auch in die dann gültige Sexualstraftäter-Datei "Kurs NRW" (Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern in NRW) aufgenommen. Die Landesregierung erhofft sich davon mehr Sicherheit. Davon ist der Bochumer Kriminologe Professor Thomas Feltes allerdings auch im Hinblick auf den 58-Jährigen aus Heinsberg nicht überzeugt: "Eine solche Datei bringt auch nicht mehr Sicherheit, weil durch solche Maßnahmen - wie wir am Fall Heinsberg gesehen haben - die Reintegration der Entlassenen erschwert und damit die Rückfallwahrscheinlichkeit eher erhöht als verringert wird", so Feltes.
Staatsanwaltschaft: Täter ist noch gefährlich
Der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der 58-jährige Mann hatte in Bayern drei Mädchen vergewaltigt und gequält und saß deshalb rund 20 Jahre im Gefängnis. Seit seiner Entlassung im März 2009 lebt der frühere Gabelstaplerfahrer in Heinsberg-Randerath. Nahezu seit Beginn seines Zuzuges demonstrieren Bürger vor dem Haus. Der Landrat des Kreises Heinsberg, Stephan Pusch (CDU), hatte öffentlich vor ihm gewarnt. Zeitweise nutzten auch NPD-Anhänger die Aufregung für Demonstrationen.