Frostiger Start für die neue Kulturhauptstadt Europas, das Ruhrgebiet: Bei Schneetreiben und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt hat Bundespräsident Horst Köhler am Samstag (09.01.10) in Essen den Startschuss für den einjährigen Kulturmarathon im Revier gegeben. Die Ernennung des Reviers zur Kulturhauptstadt sei "ein großer Gewinn für das Ruhrgebiet und für uns alle", sagte Köhler bei der Eröffnungsfeier. "Hier ist Kultur keine elitäre Veranstaltung, sondern eine lebensgestaltende Kraft für alle", lobte der Bundespräsident.
"Überlebenspaket" für Besucher
Der Festakt unter dem Motto "Wir sind das Feuer" fand trotz der Schneeschauer und Windböen unter freiem Himmel statt. Für die rund 1.200 geladenen Gäste der Auftaktveranstaltung hatten die Organisatoren eigens ein "Überlebenspaket" - bestehend aus Sitzkissen, Handwärmer, Regencape und Wolldecke - bereitgestellt. Musiker traten in Handschuhen auf. Tänzer und Sänger der Eröffnungsrevue trotzten mit dicken Pullovern und Schals oder Winterjacken der Kälte und dem ununterbrochenen Schneegestöber.
Rüttgers: "Ein Traum geht in Erfüllung"
Köhler betonte, im Revier gebe es viel zu entdecken: stillgelegte Zechen und Stahlwerke als imposante Zeugnisse einer der größten Industrieregionen Europas, aber auch mittelalterliche Gotteshäuser und zahlreiche beeindruckende Museen. Doch vor allem werde das Revier geprägt von seinen Menschen: "Bodenständig und direkt, hilfsbereit und solidarisch, zusammengekommen aus Europa und der ganzen Welt".
Der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso lobte, das Ruhrgebiet sei ein Schmelztiegel der Völker und Kulturen, in dem fünf Millionen Menschen mit Mut die Zukunft gestalteten und allen Unwettern die Stirn böten. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers freute sich: "Ein Traum geht in Erfüllung." Das Kulturhauptstadtjahr 2010 sei ein großer Glücksfall für Essen und die gesamte Metropole Ruhr. Die Stadt Essen und das Ruhrgebiet seien nicht zuletzt gewählt worden wegen des Willens und der Fähigkeit, den alten industriellen Ballungsraum durch innovative Ideen in eine der kreativsten Regionen Europas zu verwandeln. "Es gibt keinen besseren Ort für die europäische Kulturhauptstadt."
Grönemeyer: "Geradeaus, warm, treu und laut"
Den Abschluss der Veranstaltung bildete die Premiere der neuen Ruhr-Hymne, in der Herbert Grönemeyer im Wintermantel und Schal das Revier und seine Bewohner besang: "Schnörkellos ballverliebt, wetterfest und schlicht. Geradeaus, warm, treu und laut .... Wo man gleich den Kern benennt und das Kind beim Namen kennt. Von klarer offner Natur, urverlässlich, sonnig stur, so weit so pur: Komm zur Ruhr."
Rund 2.500 Veranstaltungen geplant
Zum ersten Mal ist mit dem Ruhrgebiet eine ganze Metropolenregion mit 5,3 Millionen Bewohnern als Kulturhauptstadt Europas ausgewählt worden. Und die 53 Städte des Reviers wollen die Gelegenheit nutzen, das Image von Kohle und Stahl abzuschütteln und auf ihre kulturelle Vielfalt aufmerksam zu machen. Dafür stehen den Organisatoren des Hauptstadtjahres rund 62,5 Millionen Euro zur Verfügung. Geplant sind insgesamt 300 Projekte und 2.500 Veranstaltungen, zu denen fünf Millionen Besucher erwartet werden.
Das Programmangebot reicht vom Happening bis zur Hochkultur: Ein Massenpicknick auf der Autobahn gehört ebenso dazu wie die Uraufführung einer neuen Oper des Starkomponisten Hans Werner Henze. Leuchtende Ballons über alten Bergwerkschächten sollen ebenso Zuschauer anziehen wie spektakuläre Ausstellungen der klassischen Moderne im Essener Museum Folkwang.