Mit den Stimmen der rot-grünen Minderheitsregierung hat der nordrhein-westfälische Landtag am Mittwoch (15.12.2010) die Noten für das Arbeits- und Sozialverhalten wieder abgeschafft. Auch die Fehlzeiten dürfen auf Abschlusszeugnissen nicht mehr erscheinen. Die Änderung wird schon für die nächsten Halbjahreszeugnisse wirksam. CDU und FDP stimmten gegen die Novelle, die mehrere Schulreformen der Vorgängerregierung außer Kraft setzt. Die Fraktion der Linken, der die Änderungen nicht weit genug gingen, enthielt sich. Sie kritisierte, dass in der Versetzungskonferenz der Lehrer weiter entschieden werden kann, ob Bemerkungen zum Arbeits- und Sozialverhalten in die Zeugnisse aufgenommen werden.
Kontroverse um die Kopfnoten
Schulministerin Sylvia Löhrmann (Die Grünen) bezeichnete die Verhaltenszensuren für die rund 2,5 Millionen Schüler in NRW als "pädagogisch falschen Weg". Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte die Kopfnoten erst 2007 beschlossen. Benotet wurden zunächst Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit/Sorgfalt, Selbstständigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Konfliktverhalten und Kooperationsfähigkeit der Schüler. Anfang 2009 wurde die Anzahl der Kopfnoten auf drei reduziert: Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit/Sorgfalt und Sozialverhalten.
Die Kopfnoten waren bereits bei ihrer Einführung durch die schwarz-gelbe Koalition kontrovers diskutiert worden: Lehrer kritisierten den Mehraufwand und dass es schwer falle, den Schülern mit diesen Noten gerecht zu werden. In der Praxis sind Schulen sogar dazu übergegangen, pauschal die Note zwei zu vergeben und nur Ausreißer nach oben oder unten besonders hervorzuheben. So ging beispielsweise die Emilie-Heyermann-Realschule in Bonn vor. Zu den Befürwortern gehörten Arbeitgeber und deren Interessenverbände. In einem WDR 2-Gespräch am Mittwoch (15.12.2010) bedauerte der Geschäftsführer für Bildung und Recht an der Handwerkskammer Münster, Knut Heine, die Abschaffung der Kopfnoten. Gerade kleinere Unternehmen würden sich weniger an den Schulnoten orientieren und seien dankbar für weitere Informationen, die ihnen bei der Auswahl der Bewerber helfen, die sie dann zum Gespräch einladen wollen.
Schulempfehlungen nicht mehr bindend
Ebenfalls abgeschafft wurden verbindliche Grundschulgutachten für die weiterführenden Schulen und der "Prognose-Unterricht" in Zweifelsfällen. Nun haben wieder die Eltern nach einem Beratungsgespräch mit der Grundschule das letzte Wort, auf welche weiterführende Schule ihre Kinder wechseln. Die Grundschule gibt zwar mit dem Halbjahreszeugnis der vierten Klasse eine begründete Empfehlung für die weiterführende Schule ab. Doch diese ist ab sofort nicht mehr bindend.