Lebenslänglich lautete das Urteil des Bonner Schwurgerichts. Die Richter sprachen die 52-jährige Petra W. des Mordes, der Misshandlung und der Freiheitsberaubung mit Todesfolge für schuldig. Der Pflegevater, Petra W.s Ehemann Ralf W., wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie Misshandlung und Freiheitsberaubung mit Todesfolge zu sechs Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Damit entsprach das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft, die in ihrem Plädoyer eine lebenslange Haftstrafe für die Pflegemutter gefordert hatte. Da Anna laut Gutachten länger als drei Minuten in der Badewanne unter Wasser gedrückt worden war, handele es sich aus Sicht des Gerichtes um Mord.
Allerdings stellte das Gericht nicht die besondere Schwere der Schuld fest, wie es die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Somit kann Petra W. unter Umständen bereits nach 15 Jahren Haft entlassen werden. Der Pflegevater wurde verurteilt, weil er erst eingeschritten sein soll, als Anna bereits blau anlief. Zudem soll er sich an den vorhergegangenen Misshandlungen beteiligt haben. Im Prozess beschuldigten die Anwälte von Petra W. den Ehemann, Anna getötet zu haben. Sie blieben nach WDR-Informationen auch nach der Urteilsverkündung bei dieser Darstellung und kündigten an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Annas leibliche Mutter, die ihre beiden Kinder wegen ihrer Alkoholkrankheit in staatliche Obhut gegeben hatte, war bei der Urteilsverkündung anwesend.
Gutachter: Annas Tod war kein Unfall
Der Prozess gegen das Ehepaar W. verlief kompliziert. Ende Januar 2011 wurden die Pflegeeltern wegen Misshandlung in 55 Fällen sowie Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Allerdings platzte der Prozess nach zehn Prozesstagen, als Gutachter belegen konnten, dass Annas Tod kein Unfall gewesen sein konnte, sondern offenbar gewollt war. Der Prozess wurde neu aufgerollt, da eine Verurteilung wegen Totschlags oder auch Mordes nicht mehr ausgeschlossen werden konnte. Eine Erkrankung der angeklagten Pflegemutter verzögerte den Prozessverlauf weiter. Während des Prozesses äußerte sich allein der Pflegevater zum Tatverlauf. In einem Schlusswort entschuldigte er sich bei der leiblichen Mutter Annas und bei Annas Bruder.
Haben Jugendämter Zweifel an Pflegeeltern ignoriert?
Nach Annas Tod am 22.07.2010 hatte ein Lehrer schwere Vorwürfe gegen die beteiligten Jugendämter in Königswinter und in Bad Honnef erhoben. Die Schule habe mehrfach auf die Probleme des Kindes mit seinen Pflegeeltern hingewiesen. Zudem soll es seit Jahren Zweifel an der Eignung von Annas Pflegeeltern gegeben haben. Nach Recherchen des WDR wurden sie insgesamt 17 Mal von Familien abgelehnt, die eine Tagespflege für ihre Kinder suchten. Die Ermittlungen der Staatsanwalt gegen die Jugendämter wurden jedoch eingestellt. Allerdings laufen im Zusammenhang mit dem Fall noch Ermittlungen wegen unterlassener Hilfeleistung gegen den 14 Jahre alten Sohn der Angeklagten sowie gegen eine Nachbarin.