Wissenschaftler der TU Clausthal hatten im Auftrag der Bezirksregierung Arnsberg ein Gutachten zu Bodenbewegungen um die Zeche in Bottrop-Kirchhellen erstellt. Das Gutachten belegt, was einige Anwohner bereits geahnt hatten: Die Risse und Senkungen ihrer Häuser sind Bergschäden. Allerdings stehen ihre Häuser außerhalb der so genannten "Nulllinie". Dies ist der von der RAG errechnete Bereich, in dem Absenkungen des Bodens durch Kohleabbau vorkommen. Bisher hatte der Konzern Schadensersatzforderungen von Hauseigentümern zurückgewiesen, die hinter dieser geografischen Grenze lebten.
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Gutachten bestätigen Bergwerk als Ursache
2010 war eine Bodenabsenkung von 26 Zentimetern bei einer Kirche festgestellt worden, auch bei anderen Gebäuden kam es zu Absenkungen von bis zu 8 Zentimetern. Alle Gebäude stehen nur wenige hundert Meter jenseits des von der RAG berechneten Einwirkungsbereichs der Zeche. Dieses Areal ist laut Bezirksregierung eine Fläche von rund 36 Quadratkilometer über dem unterirdischen Bergwerksgelände - welches insgesamt etwa drei mal so groß ist, wie aus Landkarten im Gutachten hervorgeht.
Rechnerisch war die "Nulllinie" korrekt festgelegt worden, so das Ergebnis eines ersten Gutachtens, das die RWTH Aachen 2011 im Auftrag der Bezirksregierung erstellt hatte. Weiterhin fehlte aber eine eindeutige Erklärung für die aufgetretenen Absenkungen außerhalb dieses Areals. Deshalb war ein Anschlussgutachten bei der TU Clausthal in Auftrag gegeben worden. Mit diesem konnte jetzt das Bergwerk als Ursache zugeordnet werden.
Unklar, wieviele Anwohner betroffen
Die Prognose über den Einwirkungsbereich der Zeche war laut Frank Kremer, Sprecher der RAG, zuletzt vor elf Jahren vorgenommen worden. Letztendlich sei eine leichte Abweichung der Realität von den Prognoseberechnungen ja ganz normal, so Kremer. Deshalb werde die RAG jetzt auch die Anwohner entschädigen, deren Häuser bis zu einem Kilometer hinter der bisherigen "Nulllinie" stehen. Der gesamte Einwirkungsbereich wird damit auf gut 65 Quadratkilometer erweitert, so wie es in den Gutachtenergebnissen empfohlen wurde, teilte die Bezirksregierung mit.
Laut RAG gab es im jetzigen Erweiterungsgebiet in den letzten zehn Jahren lediglich 120 gemeldete Fälle, bei denen Verdacht auf Bergschaden bestand - die aber bisher durch die RAG zurückgewiesen wurden. Klaus Friedrichs, Sprecher des Landesverbands Bergbaubetroffener NRW, schätzt dagegen die Zahl derjenigen, die nun Entschädigung fordern könnten, auf "bis zu 50.000 Hausbesitzer". Dieser Wert beruhe auf seinen Erfahrungen aus zahlreichen Streitfällen um mögliche Bergschäden zwischen Bergwerksbetreibern und betroffenen Anwohnern in ganz NRW.
Prosper Haniel als Präzedenzfall
Die Gegend um die Zeche Prosper Haniel gilt jetzt als Präzedenzfall: Die Bezirksregierung kündigte an, für andere Bergwerke, wie zum Beispiel das Bergwerk West in Kamp Lintfort, ebenfalls neue Berechnungen durchführen zu lassen. Auch die Regionen um die stillgelegten Bergwerke Ost, Lippe, Lohberg und Walsum sollen erneut überprüft werden.