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Gemeinsam statt einsam

Wie können wir besser mit Einsamkeit umgehen?

Stand: 20.12.2023, 14:38 Von Isabel Krämer Glücksfunken

Von Isabel Krämer

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Wir leben im Zeitalter der Vernetzung und des ständigen Austauschs – doch jede vierte Person in Deutschland fühlt sich einsam, das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Was können wir alle gemeinsam dafür tun, dass wir im echten Leben wieder näher zusammenrücken?

Wodurch könnten wir alle uns weniger allein fühlen? Grußworte und Briefe von Fremden, gemeinsame Weihnachtsfeste oder Plauderbänke sollen sozialer Isolation entgegenwirken. Und auch politisch wird schon einiges in Bewegung gesetzt. Denn Einsamkeit ist ein wachsendes Problem in unserer Gesellschaft.

Einsam ist, wer sich einsam fühlt

Wer alleine ist, ist nicht unbedingt einsam. Und wer einsam ist, ist nicht unbedingt alleine. Beim Gefühl der Einsamkeit geht es um die Kluft zwischen den bestehenden sozialen Beziehungen und denen, die wir uns wünschen. Einsamkeit kann jeden Menschen treffen, in jedem Alter und in jeder Lebenslage.

Problematisch wird es, wenn das Gefühl länger anhält. Dann kann Einsamkeit sogar gesundheitsschädlich sein. Mehrere Studien belegen, dass einsame Menschen eine niedrigere Lebenserwartung haben und ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, Angststörungen, Demenz, Depressionen und Suizid aufweisen.

Einsamkeit kann durch ganz unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden. In den letzten Jahren trug die Corona-Pandemie maßgeblich dazu bei, dass sich mehr Menschen einsam fühlen oder gefühlt haben. Individuelle Lebensumstände wie beispielsweise Krankheit, Armut und Sprachbarrieren können das Gefühl von Einsamkeit ebenso verstärken.


Gegen Einsamkeit an den Festtagen

Auch die bevorstehende Winter- und Weihnachtszeit kann für Menschen, die sie allein verbringen, mit Einsamkeit verbunden sein. Damit an den Feiertagen niemand allein sein muss, vermittelt die Initiative “Keiner bleibt allein” seit 2017 Menschen miteinander, die in Gesellschaft feiern möchten.

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Ein weiteres Projekt gegen Einsamkeit hat der Verein Post mit Herz gestartet. Er sammelt selbst geschriebene Grußkarten und Briefe von Freiwilligen und verteilt sie in sozialen Einrichtungen, die einsame Menschen betreuen. So erhalten auch die, die niemanden haben, liebe Worte per Post.

Warum Einsamkeit kein Tabu-Thema sein sollte

Einsamkeit hat das Stigma, selbst verursacht zu sein. Einer von mehreren Gründen, warum es vielen schwerfällt, darüber zu reden. Dabei hat sich jede:r von uns wahrscheinlich schon mal einsam gefühlt. Das Gefühl gehört also zum Menschsein dazu. Niemand sollte sich schämen, Einsamkeit zu empfinden. Im Gegenteil: wir sollten mehr darüber sprechen, um gemeinsam Wege aus der Einsamkeit zu finden.

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Dabei können soziale Initiativen helfen, wie zum Beispiel das Keiner-bleibt-allein-Projekt oder die Plauderbänke in Bochum. Aber auch auf politischer Ebene kann im Kampf gegen die Einsamkeit einiges getan werden. Zum Beispiel wenn es um die Schaffung öffentlicher Angebote geht, die Raum für Begegnungen mit anderen Menschen bieten.

Auch eine gute Infrastruktur und die wirtschaftliche Lage eines Landes hat Auswirkungen auf die Einsamkeitsquote. Ist beispielsweise der Nahverkehr erschwinglich und gut ausgebaut, wirkt sich das positiv auf unser soziales Leben aus.

Was machen andere Länder gegen Einsamkeit?

Großbritannien erklärte schon 2018 die Bekämpfung von Einsamkeit zur nationalen Aufgabe. Politische Entscheidungen sollen seither so getroffen werden, dass sie Einsamkeit nicht bestärken. Auch in Japan ist Einsamkeit in der Bevölkerung ein großes Thema. Deswegen gibt es dort ein Einsamkeitsministerium, das sich extra für die Förderung sozialer Kontakte einsetzt.

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In Singapur wurde das Thema bereits städtebaulich berücksichtigt. Seit 2017 gibt es dort ein Hochhaus, das Kampung Admiralty, in dem die Bewohner:innen wie in einem Dorf zusammenleben können. Selbst wenn man dort eine Wohnung alleine bewohnt, gibt es viele direkte Anschlusspunkte zu den Nachbar:innen:

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Auch in Deutschland wurde auf die steigenden Zahlen reagiert. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gründete 2022 das Kompetenznetz Einsamkeit, das die Forschung über Einsamkeit vorantreiben und die gewonnenen Erkenntnisse in Präventionsmaßnahmen und Handlungsstrategien für Deutschland umwandeln soll. Schon jetzt gibt es zahlreiche Angebote, an die sich Betroffene wenden können.

“Hej, wie geht’s?”

Soziale Initiativen und politische Entscheidungen können auf institutioneller Ebene etwas gegen Einsamkeit bewirken. Jede:r von uns kann aber auch selbst dazu beitragen, dass wir im alltäglichen Leben wieder mehr aufeinander zugehen.

Dieser Meinung ist man zum Beispiel auch in der schwedischen Industriestadt Luleå. Unter dem Motto “Sagt doch einfach mal Hej zueinander” werden die Bürger:innen an mehreren Orten der Stadt in diesem Winter durch Sticker, Anzeigen und Plakaten dazu ermuntert, sich gegenseitig einfach mal wieder zu grüßen.

Kleine Geste, große Wirkung?

Ein kleines Lächeln für den Nachbarn auf der Straße, ein kurzer Smalltalk in der Bäckerei mit der Dame vor uns – manchmal können schon kleine Gesten wie diese das Gefühl von Gemeinsamkeit erzeugen. Und für einsame Menschen bedeuten sie vielleicht die einzige soziale Interaktion am Tag. Wenn wir uns dafür stärker sensibilisieren, gehen wir in Zukunft vielleicht mit offeneren Augen, Ohren und Herzen durch die Gegend.

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Es gibt natürlich unterschiedliche Grade an Einsamkeit. Sie muss nichts mit der Anzahl unserer sozialen Kontakte zu tun haben und kann so verheerend sein, dass Depressionen entstehen und wir uns noch mehr zurückziehen. Dann bedarf es wahrscheinlich professioneller Hilfe. Sie kann aber auch ein vorübergehendes Gefühl sein, das wir selbst noch ein wenig steuern können.

Alte Kontakte aufleben lassen und pflegen, nachbarschaftliche Beziehungen aufbauen, einem Verein beitreten, ein Ehrenamt ausführen – wenn wir den Anflug von Einsamkeit verspüren und uns noch in der Lage dazu sehen, auf andere Menschen zuzugehen, dann kann das negative Gefühl auch der Start dafür sein, dass etwas Neues und im besten Fall etwas Gutes entsteht.

Hier findest du Hilfe bei Einsamkeitskeitsgefühlen und Depression

  • TelefonSeelsorge Deutschland e.V. 0800-1110 111 , 0800-111 0 222 oder 116 123 sowie per Mail und Chat unter online.telefonseelsorge.de Das Angebot ist kostenlos, anonym und jeden Tag rund um die Uhr erreichbar.
  • krisenchat.de bietet kostenfreie Beratung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren via Chat an.
  • Am Silbertelefon finden Menschen ab 60 Jahren täglich von 08-22 Uhr unter 0800 4 70 80 90 ein offenes Ohr – ohne Krise oder konkretes Problem. Anonym, vertraulich, kostenfrei!
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