Ungeduld
4 Orte, an denen Warten weniger nervt
Stand: 04.04.2024, 15:30 Von Alina Andraczek Gamechanger
Von Alina Andraczek
Dialogbox
KommentierenAuf den Zug, den Arztbesuch, das Ende des Staus warten zu müssen, kann uns ganz schön aus der Fassung bringen. Was gegen die Ungeduld hilft? Gut gestaltete Wartebereiche, z.B. mit Büchern, Schlafsesseln oder smarten Ticketsystemen. Und auch am langweiligsten Bahnhof oder im Auto kannst du die Wartezeit mit ein paar Tricks besser überbrücken.
Bringt es dich auf die Palme, wenn deine Zugverbindung Verspätung anhäuft? Wirst du gereizt, wenn du bei Ärzt:innen länger warten musst? Dann bist du damit nicht allein. Schon lange beschäftigen sich Forschende mit der Psychologie des Wartens. Darum wissen wir: Wartesituationen strengen uns alle an. Denn Warten kostet nicht nur Zeit, sondern buchstäblich auch Nerven.
Psycholog:innen beschreiben das Warten als eine Art Verlust. – Du verlierst Zeit, die du produktiver oder schöner verbringen könntest. Und du verlierst die Kontrolle, kannst nicht mehr selbst über deine Zeit verfügen. Je länger es dauert, desto mehr Stress und Unsicherheit empfindest du, weil du dir deiner Verluste mehr und mehr bewusst bist.
Die gute Nachricht: Warten kannst du lernen, es gibt aber auch immer mehr Orte, an denen du die Wartezeit entspannter überbrücken kannst. Wie deine Umgebung gestaltet ist, hat nämlich einen Einfluss darauf, wie stark du den Verlust der Zeit empfindest. Und entspanntes Warten hat Vorteile, denn geduldige Menschen sind Studien zufolge gesünder und treffen bessere Entscheidungen. So konnten Forschende der Rockefeller University in New York zeigen, dass die Zellen ungeduldiger Menschen schneller altern.
Was Gegen Ungeduld hilft: Beschäftigung und (gefühlte) Kontrolle
Die Forschung zeigt: Je unsicherer die Wartesituation ist, – wir also nicht einschätzen können, wie lange es noch dauert – desto mehr Stress empfinden wir. Weniger anstrengend ist das Warten, wenn die Zeit klar abgesteckt ist. Das bestätigt zum Beispiel eine Studie von Mediziner:innen aus Houston (USA). Außerdem sind Menschen weniger gereizt, wenn sie in der Wartezeit beschäftigt sind.
Hier findest du Beispiele von Wartebereichen, in denen das schon berücksichtigt wird. Und wenn es in deiner Nähe noch keine solchen Angebote gibt, oder du oft im Auto festsitzt, findest du unten noch ein paar Inspirationen, wie du deine Wartezeit schöner gestalten kannst.
Bücher, Wartemarken und Sofas helfen beim Warten
Eine Lösung, um die Wartezeit am Bahnhof zu nutzen, hat sich die Rheinland-Pfälzische Gemeinde Bullay einfallen lassen. Seit 2020 kannst du hier im Wartehäuschen in einem riesigen öffentlichen Bücherregal stöbern. Über 1000 Bücher gibt’s zur Auswahl, du kannst kostenlos welche mitnehmen – oder auch eigene dort lassen.
Du kommst pünktlich zum vereinbarten Arzttermin und musst dann doch ewig im Wartezimmer sitzen!? Um dabei cool zu bleiben, kann es helfen zu wissen, wie lange es noch dauert. Das hat eine Krankenhaus-Kette in den USA – die Mayo Clinics – erkannt. Patient:innen können auf Bildschirmen verfolgen, wie lang die Wartezeit geschätzt wird und sich auf dem Screen über Gesundheitsthemen informieren.
Eine andere Alternative bieten die portugiesischen Bürgerbüros oder "Lojas de Cidadão" an. Bürger:innen können von zu Hause eine digitale Wartemarke ziehen und sich benachrichtigen lassen, wenn sie fast dran sind. Und wenn sie schon mal da sind, können sie gleich auch andere Bürger:innen-Services erledigen. In diesen Zentren finden sie nämlich auch Anbieter für Internet oder Strom.
An Flughäfen gibt es zwar oft viele Geschäfte und Restaurants. Die Beschäftigungen sind aber gleichzeitig sehr einseitig und teuer. Als besonders innovativ gilt der Changi Airport in Singapur. Hier gibt es zum Beispiel Gärten, ein Spa, gratis Stadtführungen und “Rest Areas”, wo Reisende die Füße hochlegen und schlafen können.
Wartezeit muss keine verschwendete Zeit sein
Nicht alle Wartebereiche sind so schön gestaltet wie der Flughafen in Singapur und nicht immer teilt dir jemand mit, wie lange es noch dauert. Du kannst die Wartezeit aber auch selbst für dich nutzen. In einer Studie konnten Forschende der University of Texas (USA) zeigen, dass Menschen gegen Ende ihrer Wartezeit am ungeduldigsten sind. Die Forscher:innen schließen daraus: Es kann helfen, von einer übertriebenen Wartezeit auszugehen – und sich dann zu freuen, wenn sie doch eher rum ist.
Mit einer Beschäftigung verfliegt die Zeit viel schneller. Du könntest dir Dinge vornehmen, die du beim nächsten unfreiwilligen Warten machen kannst: Zum Beispiel, Friends anzurufen, mit denen du schon länger nicht gesprochen hast oder alte E-Mails sortieren. Vielleicht kannst du mit Freund:innen im Gruppenchat Wartespiele starten – wie ein witziges Verspätungsbingo, das du abhaken kannst. Das könnten z. B. Verspätungsgrund oder -dauer sein, aber auch der Bahnhof, an dem es einfach immer hakt.
Oder du hältst im Auto Spiele für die Mitfahrenden oder deine Lieblingssnacks bereit, mit denen du dich für die Wartezeit belohnst. Wichtig ist, die Zeit nicht als Verschwendung zu erleben. Sondern vielleicht als unfreiwillige Pause von deinem stressigen Alltag?! Dabei kann es schon helfen zu wissen, dass deine Gefühle normal sind und dass du deine Ungeduld ein bisschen eindämmen kannst, wenn du für dich etwas findest, dass sich als sinnvolle Beschäftigung anfühlt.
Warten – Warum es nervt, aber wichtig ist (swr.de)
Artikel: The psychological cost of waiting (sciencedirect.com)
Studie: Prescription for the Waiting in Line Blues: Entertain, Enlighten, Engage (researchgate.net)
Studie: The psychology of the wait time experience (biomedcentral.com)
Noch keine Kommentare