Ei-Alternativen
Frühstücksei und Tierschutz: So passt beides zusammen
Stand: 18.10.2023, 14:16 Von Anja Wollschläger Gamechanger
Von Anja Wollschläger
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KommentierenTierschutz ist vielen Menschen wichtig – auch beim Frühstücksei. Du hast viele Alternativen, wenn du beim Eieressen fair bleiben und auf das Tierwohl achten möchtest.
Beim Eierkauf kann sich schnell das Gewissen melden. Denn egal, ob du zu Bio oder Bruderhahn-Eiern greifst, du kommst nicht drum herum, an die Tiere zu denken. Geht es ihnen gut? Zu kleine Ställe, zu wenig Tageslicht, das kritisieren Tierschützer:innen immer wieder. Immer wieder diskutiert wird auch das Kükentöten. Essen wir also in Zukunft noch Eier? Eins ist klar: Vegane Alternativen gibt es schon. Und wer nicht auf echtes Ei verzichten will, kann inzwischen auch Eier kaufen, für die keine Küken sterben müssen.
Für's vegane Ei müssen weder Hahn noch Henne leiden
Vegane Ei-Alternativen gibt es viele. Du kannst im Grunde ganz auf Ei in deiner Ernährung verzichten. Wissenschaftler:innen aus Gießen haben einen Ernährungsplan aufgestellt, mit dem du auch ohne Milch und Ei keine Mangelerscheinungen fürchten musst. Fürs Backen gibt es einfachen Ei-Ersatz. Zum Beispiel kann aus Aquafaba, dem Kochwasser von Kichererbsen, ein Eischnee-Ersatz aufgeschlagen werden. Dazu braucht man das Kichererbsenwasser, Salz, Johannisbrotkernmehl und Weinsteinbackpulver.
Ein richtiges Ei, aber nicht vom Huhn?
Wer trotzdem nicht auf das Gefühl und den Geschmack von Eiern verzichten will, kann auch vegane Eier mit Schale bekommen. Verónica García-Arteaga hat sie entwickelt und vermarktet sie. Ihre veganen Eier wirken fast wie echte Eier, komplett mit kugelförmigem Dotter und Eierschale. Beim Kochen verfärbt sich das durchsichtige Eiklar sogar weiß und wird fest. Ganz wie beim Hühnerei.
Neggst heißt das Produkt, das fast wie ein echtes Hühnerei wirkt. Die Zutatenliste ist noch geheim. Auf der Homepage gut versteckt findet man aber die Information, dass Ackerbohnen, Süßkartoffel und pflanzliches Öl dazugehören. Vitamin B12, Vitamin D und Schwefelsalz wird ebenfalls zugesetzt. Die Nährstoffe sollen ähnlich wie bei einem Hühnerei sein, nur dass es weniger Kalorien und kein Cholesterin enthält.
Das vegane Ei hat eine künstliche Eierschale
Es gibt sogar vegane Eierschale. Die ist gar nicht so einfach herzustellen, denn sie soll das Ei frisch halten und später kompostierbar sein. Siegfried Fürtauer hat sie am Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik entwickelt. Die Schale besteht aus biologisch abbaubarem Kunststoff. Für den liefern spezielle Bakterien den Rohstoff.
Hart wird die künstliche Eierschale durch Calciumcarbonat. Ganz so, wie ein echtes Hühnerei. "Unser Ziel war eine bioabbaubare Eierschale", sagt der Erfinder Siegfried Fürtauer, "die auf den Kompost geworfen werden kann, in industriellem Maßstab herstellbar und ebenso zerbrechlich wie eine tatsächliche Eierschale ist – und sich mit dem Eierlöffel aufschlagen lässt".
Fair zu den Tieren bleiben und trotzdem Ei essen
Auch auf dem Gebiet der "echten" Eier bewegt sich was: Die nächste Generation der Legehennen soll ganz ohne Kükentöten auskommen. Eine Möglichkeit, das zu vermeiden: Die Bruderhähne am Leben lassen. Die Siegel von Demeter und Bioland garantieren schon heute, dass die Bruderhähne mindestens 14 Wochen lang leben.
Noch lohnt es sich für viele Landwirt:innen aber wirtschaftlich nicht, die Bruderhähne aufzuziehen. Sie sind für die Fleischproduktion nicht so rentabel. Das liegt daran, dass die Hähne aus Legerassen nur sehr langsam an Muskelmasse zulegen. Die Hähnchenbrust bleibt eher klein. Deswegen kosten die Bruderhahn-Eier pro Stück ein paar Cent mehr. Du zahlst damit sozusagen dafür, dass der Bruderhahn einen Platz im Stall haben darf.
Kükentöten und Brüderhähne
Bei den Hühnerrassen, die viele Eier legen, werden nur die Hennen aufgezogen. Lange war es üblich, die männlichen Hühnerküken der Legerassen zu töten, schon kurz nachdem sie geschlüpft waren. Weil diese Hähnchen langsamer und weniger Fleisch ansetzen als Tiere der Mastrassen und Hähne natürlich auch keine Eier legen, sind sie für die Hühnerhalter nichts wert. Ein großer Schritt Richtung Tierschutz ist schon gemacht: Seit Anfang 2022 ist dieses Kükentöten in Deutschland per Gesetz verboten. Küken dürfen leben – auch, wenn sie das "falsche" Geschlecht haben
Zweinutzungshühner könnten eine Lösung sein
Mit neuen Hühnerrassen soll es für Landwirt:innen lukrativ werden, alle Küken aufzuziehen. Forschende züchten dafür sogenannte Zweinutzungsrassen. Während die Hennen recht viele Eier legen, setzen die Hähne Fleisch an. Solche Rassen waren bis zur Industrialisierung üblich. In den Hühnerhöfen unserer Vorfahren durften Hahn und Henne nebeneinander scharren.
Für dich ist beim Eierkauf wichtig zu wissen, dass die neuen Zweinutzungsrassen nicht ganz so viele Eier legen und auch nicht ganz so viel Fleisch haben wie die konventionellen Rassen. Deswegen sind Eier und Fleisch von Zweinutzungsrassen etwas teurer.
Kontrollsystem KAT gegen Kükentöten
Recherchen von Journalist:innen zeigen, dass einige Hühnerhaltende das Verbot des Kükentötens wohl umgehen, indem sie die männlichen Küken ins Ausland schicken. Das Gesetz verbietet das nicht, aber das Kontrollsystem KAT. Die meisten Discounter verkaufen Eier aus dem Kontrollsystem KAT. Das zeigte eine Überprüfung der Albert-Schweitzer-Stiftung. Mit der Eiercode-App könnt ihr prüfen, ob euer Ei ein KAT-zertifiziertes-Ei ist. Dann werden dafür keine Küken mehr getötet.
Ab wann spürt das Küken Schmerz?
Statt massenhaft Bruderhähne aufzuziehen, setzen Brütereien auch auf Geschlechtsbestimmung im Ei. Die Bruderhähne sollen dabei gar nicht erst aus dem Ei schlüpfen und möglichst früh schmerzfrei sterben. Es ist umstritten, ab wann die Küken im Ei Schmerz spüren. Ein Gutachten der TU München kommt zu dem Schluss, dass das wohl erst ab dem 13. Tag möglich ist. Der Deutsche Tierschutzbund geht vom sechsten Tag aus. Doch so früh lässt sich das Geschlecht jetzt noch nicht zuverlässig erkennen.
Forschende in der ganzen Welt suchen nach Methoden zur Geschlechtsbestimmung. Drei sind schon kommerziell anwendbar, so das Bundeslandwirtschafsministerium: Flüssigkeitsbasierte Verfahren erkennen das Geschlecht bei neun Tage alten Hühnerembryonen. Dazu muss jedes Ei geöffnet werden. Eine andere Methode funktioniert per Durchleuchtung, so lässt sich das Geschlecht am 13. Tag erkennen.
Das Problem dabei: Die Methode funktioniert nur bei etwa der Hälfte der Legehennen, nämlich den sogenannten "Braunlegern" – Rassen, die braune Eier legen. Eine dritte Möglichkeit, das Geschlecht zu bestimmen: Ein MRT-Scanner erkennt männliche Geschlechtsorgane im Ei. Das funktioniert ab Tag 12. Weitere Methoden werden entwickelt.
In Zukunft soll es den Hühnern besser gehen
Für Küken gibt es noch mehr gute Nachrichten. Nicht nur bei uns in Deutschland bleibt es verboten, sie zu töten – auch die Europäische Kommission will diese Praxis beenden. Zunächst wollen deutsche Politiker:innen es noch erlauben, Hühnerembryonen im Ei zu töten. Tierschützer:innen sehen das kritisch. Sie fordern nicht nur ein Verbot des Kükentötens, sondern auch viel bessere Haltungsbedingungen für Geflügel.
Vegane Ei-Ersatzprodukte: Das ist beim Kauf wichtig (verbraucherzentrale.nrw)
Gießener vegane Ernährungspyramide (ugb.de)
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft - Verbot des Kükentötens (bmel.de)
Deutscher Tierschutzbund - Das kurze Hühnerleben in der Landwirtschaft (tierschutzbund.de)
Frauenhofer Institut - Das ist kein Ei (frauenhofer.de)
Bayerischer Rundfunk: Eier und Fleisch vom Zweinutzungshuhn (br.de)
Norddeutscher Rundfunk: Wenn männliche Küken leben dürfen (ndr.de)
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