Bericht: Andrea Miosga, Claudia Müller
Hässliche Deutsche? Wie ausländische Medien auf Deutschland blicken
Monitor. 23.07.2015. 04:40 Min.. Verfügbar bis 23.07.2099. Das Erste.
Georg Restle: „Es gibt Menschen, die haben sich in den letzten Wochen ziemlich gewundert. Über Griechenland im Allgemeinen und über die deutschen Medien im Besonderen. Irgendwie konnte man da manchmal nur noch schwer unterscheiden, wer da eigentlich der Regierungssprecher war und wer der Journalist. Ein deutsches Phänomen? Andrea Miosga und Claudia Müller haben bei den Korrespondenten großer ausländischer Medien nachgefragt, wie sie die Griechenland-Debatte hier in Deutschland wahrgenommen haben.“
Es war doch gerade noch so schön. Deutschland war beliebt. Auch wegen der Fußballer war das Land …
Tagesthemen: „… das beliebteste der Welt - Deutschland.“
Und jetzt? „Die deutsche Frage ist zurück“, schreiben europäische Medien. Deutschland „nicht mehr das sympathische Land der Wiedervereinigung“. „Viertes Reich“, heißt es und Europa sei „von Deutschen in rauchende Ruinen gebombt worden“.
Pascal Thibaut - „Radio France International“: „Das Bild, das sich zurzeit immer mehr entwickelt, ist das Bild eines Landes, das Europa dominiert, das seine Ansichten durchsetzt gegenüber anderen Partnern - mit wenig Abstimmung.“
Tony Paterson - „The Independent“: „Deutschland bekommt also zunehmend das Image von einem Zuchtmeister innerhalb Europas.“ - „Wir sind da gelandet, wo man nicht hinwollte am Anfang mit dem europäischen Projekt. Der hässliche Deutsche ist wieder auferstanden.“
Und die deutschen Medien?
„Die Reformunfähigkeit durchzieht nahezu alle Bereiche.“
„Das bedeutet „Grexit!“
„Der Eurozug, er kommt nur stockend in Fahrt“.
Melissa Eddy - „New York Times“: „Ich finde in den letzten zwei Wochen die deutsche Berichterstattung war manchmal ein bisschen zu defensiv. Dass die Deutschen versucht immer wieder haben zu verteidigen die Position von der Berliner Regierung. Statt die Rolle anzunehmen wie wir auf Englisch „the fifth estate“, diejenigen die hinterfragen, die versuchen abzuwägen, um das in Erwägung zu bringen. Dass man hinterfragt tatsächlich, stimmt das, was die sagen? Ist das richtig der beste Weg?“
Hans Kundnani, Publizist: „Also in Großbritannien zum Beispiel ist diese Beziehung zwischen Journalisten und Politikern viel konfrontativer. Also jeder politische Journalist versucht im Grunde genommen, die Politiker zu stürzen. In Deutschland arbeiten die anscheinend viel enger zusammen.“
Tony Paterson, „The Independent“, Großbritannien: „Man nimmt die Position vom Mann auf der Straße und reduziert das Argument auf das Einfachste und sagt, wir zahlen, sollen wir weiter so zahlen für Leute, die nicht ihre Hausaufgaben machen. Ich meine, das ist das Argument auf absolut Nullpunkt reduziert, aber mit diesem Argument ist es sehr leicht umzugehen.“
Hans Kundnani, Publizist: „Von Anfang an war das Narrativ in Deutschland, dass das eine Krise war, die von anderen verursacht worden ist, also vor allem natürlich von den Griechen. Also nicht eine Krise, zu der Deutschland selber beigetragen hat. Und deswegen war die Lösung aus deutscher Sicht, dass andere Länder mehr wie Deutschland werden sollten.“
Alle sollen die Regeln einhalten, die die EU vorgibt: Schulden vermeiden, sparen. Finden andere Ideen überhaupt Gehör in Deutschland?
Andrea Tarquini, „La Repubblica”, Italien: „Seriöse kritische Stimmen, wie die Stimmen von Wirtschaftsexperten wie Piketty oder Krugman oder Stieglitz, die liest man überall in der freien Welt, aber fast nie in den deutschen Medien, das gibt Grund zur Sorge. Stimmen, die sagen, Moment - vielleicht angesichts der Rezession und sozialen Not -, man muss die Sparpolitik weiter denken. Das kommt nicht auf die Bühne, sagen wir, in deutschen Medien.“
Man kann sie finden, die kritischen Stimmen: Im Ausland - und sicher auch in Deutschland - man muss sie hier nur suchen.
Stand: 23.07.2015, 12:52 Uhr