Violett und weiß blühende Lupinen

Lupinen: Das neu entdeckte Superfood

Gütersloh | Landwirtschaft

Stand: 12.04.2024, 15:35 Uhr

Lupinen sind wahre Multitalente unter den Pflanzen: Sie blühen leuchtend bunt im Garten, sind ein natürlicher Dünger für den Boden und für Mensch und Tier ein guter Eiweißlieferant. Wie viel Eiweiß steckt in Lupinen? Was wird alles aus Lupinen gemacht? Und warum sind die meisten Lupinen giftig?

Von Stefan Weisemann

Weiß, rosa, violett, rot, gelb. Gerne auch mehrere Farben gleichzeitig. Ab Ende Mai recken Lupinen ihre Blüten der Sonne entgegen. In Gärten oder wild am Straßenrand. Ein bisschen sehen sie aus wie bunt angemalte Ähren von Getreide oder wie große Pfeifenputzer. Kaum jemand denkt bei diesem Anblick wohl direkt an einen saftigen Burger oder Kaffee.

Zu Unrecht. Denn so reich wie ihre Farbpalette sind auch die Möglichkeiten der Lupinen. Landwirte pflanzen sie gerne als Zwischenfrucht auf ihren Feldern, sie sind quasi unverzichtbar für eine regenerative Landwirtschaft. Denn mit ihren Wurzeln lockern die Lupinen den Boden auf. Außerdem binden sie massenweise Stickstoff - Grundlage für ein gutes Pflanzenwachstum auf dem Feld. Dazu enthalten die Lupinensamen sehr viel Eiweiß und werden deshalb auch als Soja-Ersatz für Viehfutter verwendet. Darauf setzt zum Beispiel Landwirt Stefan Vogelsang aus Rheda-Wiedenbrück. Was er mit den Lupinen macht, zeigen wir bei WDR Lokalzeit Land.Schafft.

Lupinen eignen sich aber nicht nur für Tierfutter. Auch Menschen können die Samen der Pflanze essen. Lange waren sie eher eine Randnotiz im Speiseplan. Doch seit einiger Zeit wächst das Interesse an Lupinen wieder. Sie gelten als zuverlässiger Eiweißlieferant für alle, die gar kein oder weniger Fleisch essen möchten. Doch Vorsicht: Selbst Pflücken im Garten oder am Straßenrand kann gefährlich werden. Es gibt nämlich auch giftige Bitterlupinen. Die sehen zwar super aus, sind aber kein Superfood. Mehr dazu weiter unten im Beitrag.

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Was wird aus Lupinen hergestellt?

Lupinen sind regelrechte Power-Pflanzen. Das zeigen sie in immer mehr Lebensmitteln. Nicht nur in Reformhäusern oder Biomärkten, sondern auch immer häufiger im Supermarkt um die Ecke. Als Lupinenmehl in Brot zum Beispiel. Das Mehl schmeckt leicht nussig, wird wegen des hohen Proteingehalts gerne für Eiweißbrote verwendet. Mit Wasser verrührt, kann es im Teig Eier ersetzen oder kommt in glutenfreien Backwaren zum Einsatz.

Ein weiteres Produkt, das aus Lupinen hergestellt werden kann, ist Kaffee. Familie Voss aus Rinkerode im Kreis Warendorf baut auf ihrem Hof seit 2019 Lupinen an. Einen Teil der Samen bringen sie zu einem Kaffeeröster in der Nähe. Für Landwirtin Victoria Voss ein geglücktes Experiment.

Wie der Lupinen-Kaffee schmeckt

00:12 Min. Verfügbar bis 08.04.2026

Während der klassische Kaffee tausende Kilometer vom anderen Ende der Welt zurücklegen muss, sind es für die Lupinen aus Rinkerode nur acht Kilometer bis zur Rösterei.

Kaffee und Mehl sind aber nicht die einzigen Lebensmittel, in denen Lupinen verwendet werden. Nudeln, Falafel, Tofu, Brotaufstriche, Milch, Joghurt, Quark, Pudding, Speiseeis, eingelegte Lupinenkerne, Lupinen-Burger, Lupinen-Steak - die Palette der Lupinen-Lebensmittel wächst. Und sie folgt damit dem Trend zu weniger Fleisch und mehr pflanzlicher Ernährung.

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Was steckt in Lupinen?

Lupinen sind dabei noch wahre Protein-Protze: Ihre Samen sind in etwa so groß wie Kichererbsen. Sie bestehen zu rund 40 Prozent aus Eiweiß, dazu kommen jede Menge Ballaststoffe. Auch ansonsten steckt viel drin: Calcium zum Beispiel, wichtig für die Stabilität von Zähnen und Knochen. Oder Kalium, wichtig für das Nervensystem. Oder das für den gesunden Stoffwechsel unverzichtbare Eisen. Dazu weitere Spurenelemente, die Vitamine A und B1 und alle für den Körper wichtigen Aminosäuren.

Die Lupinensamen enthalten außerdem relativ wenig Fett. Und vor allem viele einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Sie helfen dem Körper, Vitamine aufzunehmen, und können den Cholesterinspiegel senken. Nicht nur Lupinen wurden in der Landwirtschaft lange unterschätzt. Warum ein Gärtner am Niederrhein jetzt sogar Brennesseln anbaut, liest du hier.

Eine Hand hält erntereife Lupinen-Samen auf einem Feld

Eine Handvoll Eiweiß: Die erntereifen Lupinensamen

Allerdings müssen Allergiker bei Lupinen aufpassen, das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt: Manche Menschen reagieren mit "Hautreaktionen, Atemproblemen, Krämpfen oder sogar einer lebensbedrohlichen allergischen Überempfindlichkeit" auf Lupinen. Sie müssen deshalb auf den Packungen bei den Allergenen aufgelistet werden.

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Sind Lupinen giftig?

Lupinen sind nicht gleich Lupinen. Es gibt mehr als 300 verschiedene Arten der Hülsenfrucht und vor allem eine wichtige Unterscheidung: Bitterlupinen und Süßlupinen. Lange gab es nur die bittere Variante. Schön anzusehen, aber an sich ungenießbar. Wegen der giftigen Bitterstoffe in den Samen, den Alkaloiden. Diese können für Übelkeit, Schwindel, sogar Atemnot und Herzprobleme sorgen.

Nicht nur von Lupinen gibt es hunderte Sorten. Auf einem Hof in NRW wachsen allein fast 400 verschiedene Apfelsorten. Mehr zu der einzigartigen Plantage gibt es hier.

Lupinen in NRW: Eine Nischenpflanze

Die Anbaufläche für Lupinen ist bis 2021 in NRW stetig gestiegen, stagniert seitdem aber bei etwa 800 Hektar. Es ist aber ein verschwindend geringer Anteil auf den Feldern, wie der Vergleich mit Weizen zeigt: Der stand im selben Jahr in NRW auf mehr als 240.000 Hektar.

Das Wissen um die Lupine ist nicht neu. Schon um 2000 vor Christus waren Lupinen zum Beispiel in Ägypten ein wichtiges Nahrungsmittel. Auch damals wussten die Menschen von den giftigen Stoffen in den Samen. Sie haben sie deshalb tagelang im Meerwasser eingeweicht und gewaschen, um sie genießbar zu machen. Im Mittelalter wurden die Lupinensamen für Medikamente und Kosmetik verwendet.

Ende der 1920er-Jahre dann der entscheidende Durchbruch: Der Botaniker Reinhold von Sengbusch schafft es, eine süße Variante der Lupinen zu züchten. Diese enthalten kaum noch giftige Alkaloide. Heute werden in Deutschland drei süße Arten als Nahrungsquelle angebaut: Vor allem die Blaue Lupine, dazu auch die Weiße Lupine und vereinzelt die Gelbe Lupine.