Ein junger Mann mit bräunlichen Haaren und einer Brille. Im Hintergrund ein Stall mit vielen Ziegen

Landwirt next generation: Zwischen Aufopferung und persönlichem Glück

Wesel | Landwirtschaft

Stand: 06.11.2024, 13:48 Uhr

Landwirtschaft bedeutet harte Arbeit - keine Frage. Vier-Tage-Woche? Keine Chance. Und trotzdem: Eckhard Holloh aus Schermbeck hat seine persönliche Work-Life-Balance gefunden.

Von Laura Kasprowiak

Im Schritttempo bewegt sich der Mitarbeiter am Futtertrog entlang, schiebt den Ziegen im Stall eine genau rationierte Menge Heu entgegen - nahezu geräuschlos arbeitet er sich voran. Der Mitarbeiter ist eigentlich ein Futterroboter, der Eckhard Holloh hier auf seinem Hof in Schermbeck viel Arbeit abnimmt. "Außerdem bringt er Ruhe in den Stall, weil die Ziegen uns nicht mit dem Füttern verbinden." Mit "uns" meint der 44-Jährige ein kleines Team von Menschen, die auf seinem Hof angestellt sind. Die Arbeit auf mehreren Schultern zu verteilen, das ist dem Landwirt wichtig. Auf unserem YouTube-Kanal WDR Lokalzeit Land.Schafft. haben wir ihn bei seiner Arbeit begleitet.

Landwirtschaft neu denken

Holloh steht für eine neue Generation Landwirte. Nach dem Tod seiner Eltern hat Holloh den 90 Hektar großen Hof komplett auf links gedreht. Wo früher Kühe und Schweine lebten, steht nun ein moderner, lichtdurchfluteter Stall, in dem 1200 Ziegen gehalten werden. "Meine Eltern haben sich für diesen Hof aufgeopfert, das wollte ich ändern." An gemeinsame Urlaube mit seinen Eltern kann sich Holloh nicht erinnern. Er selbst nimmt sich diese Zeit jetzt aber, indem er die Verantwortung in diesen Wochen an seine Mitarbeiter abgibt. "Der Friedhof ist voll von Menschen, die gedacht haben, sie seien unersetzlich", sagt er.

Ein Stall, in dem sich viele weiße Ziegen befinden. Auf einer Art Brücke steht der Besitzer des Hofes.

Eckhard Holloh ist stolz auf seine rund 1200 Ziegen

Während seines BWL-Studiums hat sich der Landwirt intensiv damit auseinandergesetzt, wie hart der Markt wirklich ist. Nach der Hofübernahme machte er sich deshalb auf die Suche nach einer klugen Nische. "Und Bio-Ziegenmilch war ein Produkt, das noch Wachstumspotenzial hatte", sagt Holloh. Drei Millionen Euro hat er in die Hand genommen, auch um ein Melkkarussell für Ziegen bauen zu lassen. Sein Mut hat sich gelohnt: Zusammen mit 50 anderen Bio-Ziegenmilch-Produzenten, ist Holloh inzwischen Marktführer in Europa. 

Vom Landwirt zum Hofmanager

Ständig klingelt sein Smartphone. Eilige Möhren-Bestellung von einem großen Supermarkt. Innerhalb weniger Minuten organisiert Holloh eine Erntemaschine von einem befreundeten Landwirt. "In den Ferien war es ruhig, jetzt wollen die Leute wieder ihren Kühlschrank auffüllen." Innerhalb von nur zwei Stunden holt die Maschine 20 Tonnen Bio-Möhren aus dem Boden, die schon am nächsten Tag im Regal landen.

Ein roter Trecker auf einem Acker. In einem Hänger liegen sehr viele orangene Möhren

Dank der Erntemaschine wird die Arbeit deutlich erleichtert

Neben Möhren baut Holloh auch Kartoffeln an. Der Mist der Ziegen wird als Dünger genutzt. Die Pflanzen, die zum Fruchtwechsel auf den Äckern angebaut werden, sind Futterpflanzen für die Ziegen. So ergibt alles einen sinnvollen Kreislauf, der diesen Hof so erfolgreich macht. Eine Ziege produziert circa vier Liter Milch am Tag. Eine Kuh dagegen kann bis zu 30 Liter geben. 

Work-Life-Balance

Um Punkt 12 Uhr gibt es Mittagessen - gefüllte Paprika mit Reis. Es ist wuselig. Neben seinen Mitarbeitern sitzen auch die drei Kinder von Holloh am Tisch. Seine Frau kommt ursprünglich aus Köln, wo sie nach wie vor in einem großen Unternehmen im Marketing arbeitet. Ihr ist es wichtig, regelmäßig Urlaub zu machen und den Kindern die Welt zu zeigen. "Nicht immer auf dieser Scholle bleiben und Eckhard immer wieder vom Hof lösen", sagt sie, und ihr Mann nickt zustimmend. "Wir müssen hier weg, damit wir uns freuen, hier zu sein."