
Alge statt Steak? Ein Landwirt krempelt seinen Hof um
Stand: 13.06.2023, 12:07 Uhr
Landwirt Ulrich Averberg aus Ahlen hat neben seinem Schweinmastbetrieb auch eine Algenproduktion aufgebaut. Mit der "Superfood" Spirulina soll sein Hof fit für die Zukunft werden. Aber klappt das auch?
Von Melanie Weyand

Auf 3.000 Quadratmetern werden in Ahlen-Vorhelm Algen produziert
Aus dem dunkelgrünen Wasser neben Ulrich Averberg steigen Blasen an die Oberfläche. Die Luft riecht ein bisschen wie in einem Tropenhaus. Der 49-jährige Landwirt aus Ahlen-Vorhelm steht neben einem der zehn großen Becken. Keines davon ist zum Schwimmen oder als Wasservorrat gedacht. Es sind Anbaubecken, in denen Averberg die Alge Spirulina anbaut. Mit bloßem Auge sieht man von der Mikroalge nichts.
Averberg führt einen traditionellen Ackerbaubetrieb mit Schweinemast in Ahlen. Seit drei Jahren produziert er zusätzlich Algen: "Ich habe in einem Vortrag davon gehört. Wir sind hier nah am Dorf und da ist es schwierig, sich mit der klassischen Schweinehaltung weiter zu entwickeln. Auch das Denken der Bevölkerung hat sich geändert. Insofern passte das mit den Algen gut."
Superfood Spirulina
Die Alge Spirulina ist ein Nahrungsergänzungsmittel und gilt als "Superfood". Spirulina enthält mehr als 60 Prozent pflanzliches Eiweiß, die Vitamine B1, B2 und B3 und Eisen. Es ist in Form von Pulver, Tabletten oder Presslingen erhältlich. Die Mikroalge soll etwa den Blutzuckerspielge oder auch Cholesterinwerte senken. Nach Auskunft der Bundesverbraucherzentrale ist das aber nicht bewiesen.
Ahlen: Mit Algen in die Zukunft
Averberg überprüft eine Art großen Rechen, der durch die flachen Becken pflügt und die Algen umwälzt. Der sogenannte Blubber sorgt dafür, dass die Spirulina-Alge gut mit Licht und Stickstoff versorgt wird. In die Algenproduktion einzusteigen, für ihn auch eine Investition in die Zukunft.
Ulrich Averberg über die Alge Spirulina und den Blubber
01:01 Min.. Verfügbar bis 09.06.2025.
Der sinkende Fleischkonsum, steigende Produktionskosten und mehr staatliche Vorgaben machen den Schweinebetrieben in NRW zu schaffen. Nach Informationen des Landesbetriebs IT.NRW lag die Zahl der Betriebe Ende 2022 noch bei 5.700, zehn Jahre zuvor waren es noch 8.500. Der Schweinebestand schrumpfte in dieser Zeit von 7,1 auf 5,8 Millionen Tiere. Betriebe geben auf oder suchen nach Alternativen. (Mehr zum Thema Landwirtschaft ohne Tiere gibt es bei Lokalzeit Land.Schafft. auf YouTube oder hier)
Im Wasserbecken pumpt derweil eine Pumpe das tiefgrüne Algenwasser aus dem Becken in eine Erntemaschine. Sie trennt über ein Förderband die Algen vom Wasser. Zurück bleibt eine zähe grüne Pampe, die in eine Erntewanne tropft und ein wenig aussieht wie Spinat. Beim Vorbereiten für das Trocknen packt auch Ehefrau Judith Averberg (44) mit an. Sie ist eigentlich Sozialwissenschafts- und Chemielehrerin.
Judith Averberg über die Zusammenarbeit mit ihrem Mann
00:39 Min.. Verfügbar bis 09.06.2025.
Algenchips statt Nackensteak?
Bis zu zwei Tonnen Spriulina produziert Averberg im Jahr inzwischen. Den Algenbetrieb hat er auf Bioproduktion umgestellt. Vermarktet wird vor allem online und zwar: Chips, Granulat, Pulver oder auch Nudeln. Doch allein von der Algenproduktion kann die Familie noch nicht leben. "Das Interesse ist zwar riesig, aber die Vermarktung lässt noch zu wünschen übrig," sagt Averberg.

Der Landwirt ist Vorsitzender einer Algengenossenschaft in der Region. Viele Kollegen hätten ebenfalls Absatzschwierigkeiten. Averberg kooperiert inzwischen mit zahlreichen Versuchsküchen, ein Bäcker vor Ort backt ein Algenbrot. Der 49-Jährige ist fest überzeugt, dass irgendwann nicht sein traditioneller Schweinemastbetrieb, sondern die Algen das Familieneinkommen sichern werden.
Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen am 30.05.2023: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.