Psychologie
Darum tut uns Scheitern manchmal gut
Stand: 02.02.2024, 16:37 Von Dr. Stefanie Uhrig Gedankenspiele
Von Dr. Stefanie Uhrig
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KommentierenScheitern muss nicht unbedingt schlimm sein, solange du dich aktiv und gelassen damit auseinandersetzt. Wir zeigen dir Strategien, die helfen können, aus deinen Fehlern zu lernen, die Situation neu zu bewerten und Resilienz aufzubauen.
Lernen, auch wenn’s schmerzt
Wann bist du zuletzt an etwas gescheitert? Beim Wort "Scheitern" kommen oft negative Assoziationen auf, von Kündigungsschreiben bis zur Trennung. Aber es muss nicht gleich etwas so Großes sein. Kleinere Missgeschicke im Alltag belasten manchmal ebenso. Bleiben wir hinter den eigenen Erwartungen zurück, kann das jedoch auch Chancen bieten.
Vor allem dann, wenn es uns gelingt, daraus zu lernen und es beim nächsten Mal anders anzupacken. "Dazu müssen wir zuerst an den negativen Emotionen vorbeikommen, die generell mit dem Scheitern verbunden sind", sagt Dr. Olaf Morgenroth, Professor für Gesundheitspsychologie an der Medical School Hamburg. "Da ist das Selbstwertgefühl schnell angeknackst."
So kannst du am Scheitern wachsen
Wer sich zu sehr auf das lädierte Ego konzentriere, verpasse die Chance auf persönliches Wachstum. "Growth Mindset" bezeichnet die Grundüberzeugung, dass Fähigkeiten nicht in der Person verankert sind, sondern sich immer weiter entwickeln können. Das hilft beim Lernen aus Fehlern und sorgt sogar für ein zufriedeneres, erfüllteres Leben.
Gleichzeitig ist es leichter, sich auf zukünftige ähnliche Situationen vorzubereiten. Einerseits, um einem erneuten Versagen vorzubeugen. Und andererseits, um zu wissen: Die Welt bricht nicht zusammen, auch wenn etwas nicht klappt.
Vorsicht bei Schuldzuweisungen
Allerdings sehen viele Menschen die Schuld am Scheitern häufig nicht bei sich selbst, sondern in den äußeren Umständen. "Das ist eine schützende Strategie", sagt Professor Morgenroth. "Aber wenn man dabei stehenbleibt und den eigenen Anteil nicht betrachtet, lernt man natürlich nicht viel daraus."
Umgekehrt müssen wir aufpassen, die Fehler nicht nur bei uns selbst zu suchen, denn das kann sogar psychische Erkrankungen begünstigen oder ein Merkmal von ihnen sein.
Hilft Scheitern uns, einen Neuanfang zu wagen?
Positiv könne sich das Scheitern auch auswirken, wenn es zu einer Neuorientierung führt, sagt Olaf Morgenroth: "Gerade bei größeren Themen stellt sich die Frage: Was bedeutet das eigentlich für mein Leben?" Dann könne man die eigenen Werte und Ziele genauer unter die Lupe nehmen und sehen, ob sie sich über die Zeit geändert haben.
Wie gut eine Person mit Fehlern oder Versagen umgeht, hänge zunächst einmal von ihrer Bewertung der Situation ab. Wie sehr fordert mich das Problem heraus? Welche Möglichkeiten habe ich, damit umzugehen? Diese Einschätzung der verfügbaren Ressourcen bestimme, ob man sich das Scheitern zunutze mache, so Morgenroth.
Ein wichtiger Faktor ist dabei die Selbstwirksamkeit: Das Erleben, dass du selbst etwas tun kannst. Zwar hat etwas im Leben gerade nicht so geklappt, wie gewünscht – aber damit lässt sich arbeiten. Das funktioniert besonders gut, wenn die betroffene Person in sich die Motivation verspürt, das Problem anzupacken.
Strategien gegen ein Gefühl von Gelähmtheit
Um nicht von Emotionen wie Enttäuschung gelähmt zu werden, helfe es manchmal, die Dinge aus der Distanz zu betrachten, schlägt Olaf Morgenroth vor: "Man kann sich beispielsweise überlegen, wie es einer anderen Person in der gleichen Situation gehen würde, oder wie wir in zehn Jahren darüber denken."
Auch soziale Unterstützung ist beim aktiven Umgang mit Problemen nützlich. "Wer Erfolg hat, ist damit nie allein", sagt Olaf Morgenroth. "Scheitern dagegen ist oft begleitet von Einsamkeit und Rückzug." Genau das mache alles aber oft noch schlimmer. Stattdessen helfe es, mit Vertrauten zu sprechen – die häufig eine neue Perspektive oder einen wohlwollenderen Blickwinkel einbringen.
Generell bringen vielen Menschen sich selbst gegenüber wesentlich weniger Mitgefühl entgegen als anderen. Damit ist nicht Selbstmitleid gemeint – wer in einem See von "Ich arme Maus" versinkt, geht nicht aktiv auf das Problem zu. Vielmehr bedeutet Selbst-Mitgefühl, sich Fehler zu verzeihen.
Wie sehr jemand sich selbst gegenüber Mitgefühl zeigen kann, hängt vom gesamten Umfeld ab. So sind Menschen eher dazu in der Lage, die von ihren Familien oder Freundeskreis Wertschätzung erfahren. Die Erziehung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: Wer als Kind immer für negative Dinge verantwortlich gemacht wurde, wird auch als erwachsene Person den Fehler automatisch bei sich selbst suchen.
Scheitern als Schulfach
Vielleicht würde es helfen, den Umgang mit dem Scheitern schon in der Schule zu lernen, etwa im Rahmen eines Faches zur psychischen Gesundheit. Einige Ansätze gibt es dazu in Deutschland schon, bei denen es allgemein um Lebenskompetenzen geht. Vielleicht lassen sich solche Projekte auch noch vertiefen.
Offen über das eigene Scheitern zu sprechen, kann außerdem anderen zu einem entspannteren Umgang mit solchen Situationen helfen. Das hat sich beispielsweise in Firmen gezeigt, in denen auch die Führungskräfte ihre Fehler kommunizieren und den Angestellten damit die Furcht vor Eingeständnissen nehmen.
Ein großer Vertreter dieses Ansatzes etwa war der US-amerikanische Erfinder Thomas Edison. Er bezog seine Angestellten in die Diskussionen über die Projekte ein, ohne zu kritisieren. Dadurch wurde für sie die Arbeit interessanter und es fühlte sich so an, als würden sie gemeinsam mit ihm etwas aufbauen, anstatt nur ein unbedeutender Arbeiter zu sein, wie ein langjähriger Angestellter berichtet.
Was zudem wissenschaftlich nachgewiesen hilft: Humor und Optimismus. Sicher eignen sich nicht alle Momente, in denen jemand scheitert, zu einem Späßchen. Aber wer es schafft, auch über die eigenen Fehler zu lachen und das Gute darin zu finden, lebt generell zufriedener und kann besser mit Rückschlägen umgehen.
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Was ist gut an…Scheitern? (SWR, ardmediathek.de)
Warum es so schwer ist, aus eigenen Fehlern zu lernen (spektrum.de)
Scheitern und Selbstmitgefühl: Machen Fehler klug? (Terra Xplore, youtube.com)
Quellen:
Carver, Charles S. et al.: Optimism. (2010, Clin Psychol Rev)
Flett, Gordon L: Mattering and Positive Psychology. (2018, The Psychology of Mattering)
Farson, Richard & Keyes, Ralph: The failure-tolerant leader. (2002, Harvard Business Review)
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